Chronische Niereninsuffizienz der Katze

Chronische Niereninsuffizienz der Katze (© Krakenimages.com – stock.adobe.com)

Die chronische Niereninsuffizienz (CNI) zählt zu den häufigsten Erkrankungen mit Todesfolge bei der Katze. Sie ist charakterisiert durch einen fortschreitenden (progressiven) Funktionsverlust des Nierengewebes. Diese Schädigung ist irreversibel, wie es fachsprachlich heißt, was unumkehrbar bedeutet. Es bedeutet: Einmal geschädigtes Nierengewebe kann nicht regenerieren. Der Funktionsverlust im Zusammenhang mit der CNI entwickelt sich im Allgemeinen langsam über Monate bis Jahre. Auf den ersten Blick scheint das vorteilhaft zu sein, weil der Körper die Erkrankung offenbar lange kompensieren kann.

Bei der Umstellung auf CNI-Kost muss manchmal mit “Tricks” gearbeitet werden (© Chalabala – stock.adobe.com)

CNI beginnt schleichend und unbemerkt

Aber der schleichende Beginn ist tückisch: Die CNI bleibt lange unentdeckt und wenn schließlich Symptome offensichtlich werden, haben die Nieren ihre Funktionsfähigkeit schon weitgehend verloren. Zunächst übernehmen noch intakte Nephrone – das sind die kleinsten Funktionseinheiten der Niere – die Aufgabe des bereits zerstörten Gewebes und halten so die Nierenfunktion weitgehend aufrecht. Die ersten klinischen Symptome machen sich erst bemerkbar, wenn bereits ca. 75% des Nierengewebes unwiederbringlich zerstört sind.

Auslöser der CNI können angeborene (genetische) oder erworbene Defekte durch Infektionen, Traumata, angeborene Missbildungen, Toxine und vieles mehr sein. Häufig ist die Ursache bei der Diagnosestellung aber wegen des fortgeschrittenen Stadiums der Erkrankung nicht mehr eindeutig zu identifizieren.

Filtrationsvorgänge in der Niere (© gritsalak – stock.adobe.com)
Arteriole = kleines Blutgefäß; Bowman-Kapsel = bildet zusammen mit den Glomeruli und den Nierenröhrchen das Nephron, die kleinste funktionale Einheit der Niere

Die Nieren: Klärwerk zur Entgiftung des Körpers

Warum ist eine Unterfunktion der Nieren so schädlich? Um das verstehen zu können ist es wichtig, sich mit Funktion und Anatomie der Nieren zu beschäftigen. Als Entgiftungsorgan haben sie eine lebenswichtige Funktion im Körper. Sie filtern das Blut und ermöglichen die Ausscheidung unbrauchbarer oder schädlicher Stoffwechsel-Endprodukte, die während der Verwertung von Proteinen, Kohlenhydraten oder Fetten anfallen. Das sind beispielsweise Harnstoff aus dem Proteinstoffwechsel und Kreatinin aus dem Muskelstoffwechsel. Aber auch Reste von Medikamenten und anderen Giften.

Die Abfallprodukte aus der Nahrungsverwertung werden über den Urin ausgeschieden. Damit sind die Nieren das Klärwerk des Körpers. Ein in seiner Zusammensetzung und Konzentration veränderter Harn und ein erhöhter Gehalt an stickstoffhaltigen Substanzen im Blut, die normalerweise über den Urin ausgeschieden werden (Azotämie) können im Labor bereits frühzeitig nachgewiesen werden.

Zu den Aufgaben der Nieren gehören außerdem die Regulierung des Blut pH-Wertes, des Blutdrucks und des Wasserhaushalts durch verstärkte oder verminderte Abgabe von Flüssigkeit. Die Flüssigkeit wird dem Blut entzogen. Bei vermehrter Flüssigkeitsabgabe nimmt die Menge des Blutes ab. In der Folge sinkt der Blutdruck. Wird Wasser dagegen vermehrt im Körper zurückgehalten, steigt der Blutdruck.

Auch Hormone werden in den Nieren gebildet: Das Hormon Erythropoetin ist beteiligt an der Bildung roter Blutkörperchen, das Hormon Calcitriol spielt im Vitamin-D- und Calciumstoffwechsel eine wichtige Rolle. Stellen die Nieren ganz oder teilweise ihre Funktion ein, dann ist eine Aufrechterhaltung gesunder physiologischer Bedingungen auf die Dauer nicht mehr möglich, was einer schleichenden Vergiftung entspricht.

Häufiges erbrechen kann auf eine CNI hinweisen (© Tom Wang – stock.adobe.com)

Symptome der chronischen Niereninsuffizienz der Katze

Die CNI ist fortschreitend, nicht heilbar und für die Katze leider lebensverkürzend. Je früher die Erkrankung bemerkt wird, desto früher kann eingegriffen und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden. Dazu braucht es aufmerksame Katzenbesitzer, denn leider sind die klinischen Symptome einer CNI vielfältig und nicht unbedingt spezifisch für eine Nierenerkrankung. Es können dafür auch andere Ursachen in Frage kommen. Erst eine genaue Untersuchung kann den Verdacht auf CNI bestätigen. Die Anzahl der Symptome unterscheidet sich je nach Stadium der Krankheit. Aber wer weiß, was ein Hinweis auf Niereninsuffizienz sein kann, wird hellhörig, wenn bei der Katze Symptome auftreten, die ein Hinweiss ein könnten. Am häufigsten sind:

  • Anorexie (Appetitlosigkeit)
  • Polyurie und Polydipsie (vermehrter Harnabsatz und vermehrter Durst)
  • Emesis (Übelkeit/Erbrechen)
  • Diarrhoe (Durchfall)
  • Foetor ex ore (Maulgeruch)
  • Anämie (Blutarmut)
  • Renale Osteodystrophie (Knochenstoffwechselstörung durch CNI bedingt)
  • Kachexie (Gewichtsabnahme)

Im späten Stadium verändert sich auch die Fellqualität und die Tiere wirken ausgezehrt, apathisch und dehydriert.

Schütteres Fell, Muskelschwund, Kraftlosigkeit: Katze im fortgeschrittenen CNI-Stadium (© Patricia Lösche)

Diagnose einer CNI

Zur Diagnose einer CNI bieten sich Urin- und Blutuntersuchungen an. Einen Hinweis auf eine verringerte Filtrationsrate (GFR) gibt klassischerweise der Nachweis erhöhter Werte von harnpflichtigen Substanzen im Blut (v.a. Harnstoff, Kreatinin, Phosphat). Zusätzlich kann eine Ultraschalluntersuchung in Frage kommen, da sich die Nieren im fortgeschrittenen Stadium der CNI häufig in Größe, Form und Oberfläche verändern (Schrumpfnieren).

Seit einigen Jahren gibt es einen weiteren Nierenparameter mit dem komplizierten Namen Symmetrisches Dimethylarginin (SDMA), ein Biomarker, der schon bei einem Funktionsverlust von 25% erhöht sein kann. Er wird nicht durch Faktoren wie Ernährung oder Muskelmasse beeinflusst, vor allem aber können darüber wesentlich früher Veränderungen im Nierenstoffwechsel nachgewiesen werden. Die Behandlung und Anpassung der Ernährung kann deutlich früher beginnen, was die Prognose für den weiteren Verlauf verbessert.

Ernährung und Therapie einer Katze mit CNI

Eine spezielle Nierendiät soll die Nieren entlasten und dadurch die weitere Nierenschädigung verlangsamen, die Lebensqualität aufrechterhalten oder sogar verbessern. Eine Heilung des bereits zerstörten Nierengewebes ist nicht möglich. Aber allein die Verzögerung des Fortschreitens der Krankheit ist schon ein Erfolg.

Bei der Nierendiät geht es einerseits darum, für eine Entlastung der Nieren den Nährstoffhaushalt und die Entsorgung von Stoffwechsel-Endprodukten positiv zu beeinflussen. Vor allem, indem die Menge der anfallenden, schädlichen Abbauprodukte, die nicht mehr aus dem Körper ausgeschieden werden können, möglichst gering gehalten wird.

Andererseits müssen dem Tier trotzdem alle notwendigen Nährstoffe zur Verfügung stehen und dem erhöhten Verlust von Nährstoffen durch die Nierenunterfunktion entgegengewirkt werden. Studien zeigen, dass erkrankte Katzen unter rein medikamentöser Therapie im Durchschnitt 8 Monate überlebten, während solche mit medikamentöser Therapie inklusive Nierendiät eine mittlere Überlebensdauer von 24 Monaten aufwiesen, also dreimal so lange.

Die richtige Diät für nierenkranke Katzen

Nierenkranke Katzen neigen zu vermindertem Appetit und/oder Erbrechen. Daher ist spezielles Nierenfutter besonders energiereich aufgebaut, um mit einer geringen Futtermenge möglichst viel Energie zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist ein hoher Gehalt an leicht verdaulichem und hochwertigem Protein für die Nierengesundheit entscheidend.

Über den Urin verlieren erkrankte Katzen vermehrt Proteine (Proteinurie) und haben daher einen erhöhten Eiweißbedarf. Zusätzlich reagieren sie höchst empfindlich auf die Abbauprodukte des Eiweißstoffwechsels, wie beispielsweise Harnstoff, der durch den fortschreitenden Funktionsverlust der Nieren im Blut angereichert wird und der bei einer Harnvergiftung eine entscheidende Rolle spielt.

Wichtig zu wissen:

Futtermittel mit minderwertigen und schwer verdaulichen Proteinen erhöhen bei CNI die Gefahr einer Harnvergiftung.

Bei nierenkranken Katzen kommt es häufig auch zu einer Anreicherung von Phosphor im Blut (Hyperphosphatämie). Ein erhöhter Phosphorgehalt im Blut kann dazu führen, dass es zu Verkalkungen der Organe, sowie zu verminderter Knochenstabilität bis hin zu Knochenbrüchen kommt. Um diesen Prozessen und damit dem Voranschreiten der CNI vorzubeugen, enthalten Nierendiäten einen sehr viel niedrigeren Phosphatgehalt als normale Katzenfutter.

Trinkbrunnen können die Wasseraufnahme der Katze steigern (© Lightspruch – stock.adobe.com)

Wichtig: Nierenkranke Katzen müssen viel trinken

Nierenkranke Katzen setzen Harn häufiger und in größerer Menge ab, als gesunde Katzen ab (Polyurie). Dadurch werden vermehrt wasserlösliche Vitamine ausgeschieden, die über die Nahrung ausgeglichen werden müssen. Durch den gestörten Wasser- und Salzhaushaltes besteht für niereninsuffziente Katzen ein höheres Risiko zu dehydrieren, also „auszutrocknen“. Da Katzen ohnehin schlechte Trinker sind, sollten CNI-Patienten zur erhöhten Wasseraufnahme animiert werden:

  • durch eingeweichtes Futter
  • durch schmackhafte Wasserzusätze
  • durch Trinkbrunnen
  • durch die Möglichkeit, mit Wasser zu spielen
  • durch Aufstellen von Trinknäpfen an mehreren Orten, möglichst weit entfernt vom Futterplatz
  • durch unterschiedliche Wasserqualitäten
  • durch das Anbieten von Fleischbrühe
Abgekochtes, mageres Hähnchenfleisch eignet sich für die CNI-Diät (© Astrid Gast – stock.adobe.com)

Ernährungstipp

Magere Hühnchenbrust abkochen: das Fleisch kann dann je nach Plan in die Ration eingebunden werden und das Kochwasser kann nach dem Abkühlen als Trinkwasser mit Fleischaroma angeboten werden. Hier bekommen Sie weitere Tipps zur Verbesserung der Wasseraufnahme.

Gestörter Salzhaushalt bei CNI

Das Zugrundegehen der Nephrone (das sind die anatomischen Strukturen der Niere, in denen der der Urin gebildet und dann ausgeschieden wird) bringt auch eine Abnahme der Natrium-Ionenkanäle mit sich. An diesen Stellen sind Zellmembranen durchlässig für Natrium-Ionen, also Salze. Natrium Ionen spielen auf Zellebene eine wichtige Rolle für die Weiterleitung von Reizen.

Für reibungslose Organfunktionen ist der Körper auf einen relativ konstanten Salzhaushalt angewiesen und der Konzentrations-Spielraum für Natrium ist gering. Verringert sich die Zahl der Natrium-Ionenkanäle, ist der Salz-Transport behindert. Es verschiebt sich das Konzentrationsgefälle in der Niere und in der Folge kommt es zu einer verminderten Natriumausscheidung. Um einem zu starken Anstieg des Natriumspiegels entgegenzuwirken sind Nierendiäten daher natriumreduziert.

Die abnehmende Fähigkeit der Nieren, den Wasser- und Elektrolythaushalt in der Norm zu halten, betrifft auch den Bikarbonatstoffwechsel, weil es bei einer Nierenunterfunktion zu einem übermäßigen Verlust an Bikarbonat kommt. Es dient dem Körper als Puffer und beeinflusst den pH-Wert des Blutes (Entsäuerung). Ist diese Funktion gestört, kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes, einer sogenannten metabolischen Azidose. Als Gegenmaßnahme werden in diesen Fällen Natriumbikarbonat oder Kaliumcitrat verabreicht, um die Übersäuerung abzupuffern.

Miezes Nierendiät: Fertigfutter oder selbst gekocht?

Die im Handel erhältlichen fertigen Futtermittel für CNI Patienten sind bereits auf die angesprochenen Punkte abgestimmt und können somit das Voranschreiten der Erkrankung verhindern. Der Vorteil von selbst zubereiteten Rationen liegt darin, individuell auf den Grad der Erkrankung und die Bedürfnisse eines jeden Patienten eingehen zu können. So kann eine Anpassung des Phosphorgehaltes schrittweise und langsam erfolgen und je nach Schweregrad variiert werden. Auch die Energiedichte der Ration kann genau an die körperliche Konstitution des Patienten angepasst und bei Bedarf verändert werden.

Dadurch können zahlreiche Stellschrauben bei der Berechnung einer solchen selbst zubereiteten Ration verändert werden. Als Laie kann man hier allerdings sehr viel falsch machen. In bester Absicht schadet man dann dem geliebten Tier, statt ihm zu helfen. Die Ausarbeitung eines angepassten Diätplanes ist deshalb ausgebildeten Fachleuten vorbehalten. Zuständig dafür sind der behandelnde Tierarzt oder fachlich kompetente Ernährungsberater.

Gut gemeint, aber falsch zusammengestelltes hausgemachtes Futter schadet (© exclusive-design – stock.adobe.com)

Praxistipps

Bei der Umstellung sind im Falle einer akuten Episode mit Übelkeit und Erbrechen zunächst diese Symptome zu behandeln. Beginnen Sie mit der neuen Fütterung, wenn der Patient sich nicht mehr übergibt. Am besten einige Tage nach der Diagnosestellung. Gerade Katzen neigen dazu, das Unwohlsein durch Übelkeit und Erbrechen mit dem zu dem Zeitpunkt aufgenommenen Futter in Verbindung zu bringen und dieses somit in Zukunft zu verweigern.

Erst wenn der Patient weitgehend stabil ist, wird daher mit der Futterumstellung begonnen. Diese darf durchaus 10-14 Tage dauern, um dem Magen-Darm-Trakt die Möglichkeit zu geben, sich schrittweise an die neue Nahrung zu gewöhnen. Katzen können ausgesprochen mäkelige Trinker und Fresser sein. Frei nach dem Motto: Kenn ich nicht – fress ich nicht. In diesem Fall kann es helfen, einen Katzenverhaltenberater hinzuzuziehen, der durch verhaltenstherapeutische Intervention helfen kann, die Akzeptanz der Nierendiät und damit Lebensqualität und Prognose der Katze zu verbessern.

Jessica Lepa

Jessica Lepa ist ausgebildete Tiermedizinische Fachangestellte und Praxismanagerin in einer Tierarztpraxis, absolvierte eine Zusatzausbildung zur Tierernährungsberaterin und betreibt eine eigene Tierernährungsberatung.

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