Leishmaniose bei Hunden mit Kamille behandeln

Leishmaniose mit Kamille behandeln – Pixabay

Leishmaniose lässt sich mit einem natürlichen Wirkstoff der Kamille behandeln. Ein spanisches Forscherteam um Victoriano Corpas-Lópes (Universität Granada) hat in einer Studie nachgewiesen, dass sich die Erkrankung bei Hunden damit nebenwirkungsfrei und zugleich wirksamer bekämpfen lassen könnte als mit schulmedizinischen Mitteln.

Leishmaniose zählt zu den Mittelmeerkrankheiten. Sie ist im mediterranen Raum die häufigste Infektionskrankheit bei Hunden, Tendenz steigend, bei einer Durchseuchung der Hundepopulationen von bis zu 80 Prozent. Zu uns kam sie zunächst sporadisch als blinder Passagier durch erkrankte südeuropäische Importhunde und reisebegleitende Fellnasen, die sich den Erreger als übles Andenken an die Reiselust ihrer Besitzer mitbrachten. Aber das hat sich geändert: Die Sandmücke, Überträgerin der Leishmaniose, fühlt sich zunehmend auch bei uns, in Österreich und der Schweiz heimisch.

Leishmaniose-Überträger breiten sich nach Norden aus

Die europäischen Sandmücken-Arten (Phlebotominae, bei uns sind es Phlebotomus perniciosus und Phlebotomus mascittii) kommen ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, breiten sich aber seit einigen Jahren nach Norden aus, mit Hessen (Region Gießen) als bisher nördlichstem Fundort. Ob als eingeschleppter Zufallsgast oder bereits als stabile Populationen ist noch unklar. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Klimaveränderungen an dieser Ausbreitung zumindest eine Mitschuld tragen, denn die Überträger der Leishmaniose brauchen Temperaturen, die im Jahresmittel nicht unter zehn Grad fallen. Inzwischen können sich Hunde deshalb auch bei uns, vor allem im südlichen Deutschland, aber auch in den Nachbarländern Österreich und Schweiz damit infizieren, wenngleich dies auch noch nicht so wahrscheinlich ist.

Die zu den Schmetterlingsmücken (Psychodidae) gehörenden Sandmücken sind sehr klein. Ungeachtet dessen verursachen ihre Stiche teils heftige Hautreaktionen. Der von den Insekten übertragene Erreger selbst, Leishmanien (Leishmania infantum), begleitet uns schon seit Jahrtausenden, seine DNA wurde sogar in ägyptischen Mumien nachgewiesen. In menschlichen Mumien, denn Leishmaniose ist nicht wirtspezifisch, sondern eine Zoonose, eine Erkrankung, die von einer Art auf eine andere übertragen werden kann. In diesem Fall durch die Sandmücke, die dem Erreger gewissermaßen als Transporter dient.

Unterschieden werden zwei Formen der Leishmaniose: die gefährlichere, aber seltenere viszerale (d.h. die inneren Organe betreffende) und die cutane (die Haut betreffende) Leishmaniose. Tückisch ist die lange Inkubationszeit. Oft vergehen Monate bis Jahre, bis infizierte Tiere Symptome zeigen. Vor allem sind es Hunde. Zwar können auch Katzen erkranken, aber sie sind keine Hauptwirte des Erregers. Ob Katzen sich auch bei uns infizieren können, darüber ist nichts bekannt. Im Frühjahr 2018 wurde die Diagnose bei einer Jahre zuvor aus Spanien importierten Katze gestellt, ein Fall, der durch die tiermedizinische Fachpresse ging.

Nicht bei allen infizierten Hunden bricht die Krankheit tatsächlich aus. Bei etwa der Hälfte von ihnen bleibt die Infektion stumm, sie wirken gesund und ihr Immunsystem hält den Erreger kompetent in Schach. Trotzdem sind sie ein primäres Erreger-Reservoir, denn Leishmania infantum parasitiert auch in symptomfreien Tieren. Werden diese von einer Sandmücke gestochen und sticht die Mücke im Anschluss ein anderes, dann kann der Erreger dadurch ebenso übertragen werden, wie nach einer Blutmahlzeit an erkrankten Tieren.

Blut saugende, weibliche SandmĂĽcke (SchmetterlingsmĂĽcke) kann Leishmaniose ĂĽbertragen. (CDC/ Frank Collins [Public domain] von Wikimedia Commons)

Wird der infizierte Organismus krank, kommt es zu vielfältigen, teils sehr schweren Symptomen und die Tiere wirken sehr krank. Am auffälligsten sind die Hautveränderungen:

  • Brillenförmiger Haarausfall um die Augen herum, an den Ohren, an der Nase, zuweilen auch an Rumpf und Beinen.
  • Nasenspiegel und Ballen verdicken, die Krallen verändern sich.

Die inneren Symptome sind weniger charakteristisch, weil sie auch bei anderen Erkrankungen auftreten können:

  • Abmagerung
  • Nierenschwäche bis hin zum völligen Versagen der Nieren
  • vergrößerte Milz
  • Apathie
  • Fieber
  • Leistungsabfall
  • Schwellung der Lymphknoten
  • Gelenk- und KnochenentzĂĽndungen mit Lahmheit

Leishmaniose ist schwer zu behandeln

Für die Schulmedizin ist Leishmaniose eine harte und bislang nicht zufriedenstellend geknackte Nuss. Für Katzen gibt es in Deutschland kein zugelassenes Medikament. Für Hunde gibt es Therapiemöglichkeiten, die anschlagen, und die die Symptome zurückdrängen. Alle wirksamen Medikamente sind jedoch hochtoxisch und können erhebliche Nebenwirkungen haben. Eine vollständige Elimination der Erreger wird dennoch nicht erreicht. Das bedeutet, Leishmania infantum parasitiert weiterhin im Organismus und kann trotz Behandlung wie bei symptomfreien Tieren zeitlebens weiter übertragen werden. Je höher die Zahl der überlebenden Erreger, desto wahrscheinlicher die Aufnahme durch die Sandmücke bei einem Stich. Erschwerend kommt hinzu, dass gegen einen der Wirkstoffe, Antimonat, zunehmend Resistenzen auftreten. Alternativen werden angesichts der starken Ausbreitungstendenz und Schwere der Erkrankung also dringend benötigt.

Vielversprechende und zugleich natürliche, gut verträgliche Hilfe kommt von der Kamille (Matricaria camomilla). Diese kleine, unscheinbare, genügsame und an Gänseblümchen erinnernde Pflanze ist so etwas wie die Urmutter der Heilpflanzen. Eine sehr alte Bekannte in der Naturheilkunde, mit breitem Einsatzspektrum, die seit Jahrhunderten in keiner Hausapotheke fehlt. Im Fokus der spanischen Forscher stand der darin enthaltene Wirkstoff (–)-α-Bisabolol, ein vielfach verwendeter Wirkstoff, von dem keine unangenehmen Nebenwirkungen zu erwarten sind, was in der Vergangenheit immer wieder nachgewiesen wurde. Kamillenessenz enthält davon bis zu 70 Prozent, wobei die Angaben etwas variieren. Dass er eine neue Möglichkeit sein kann, die Leishmaniose in den Griff zu bekommen, hatten bereits erfolgreiche in-vivo-Versuche mit durch Leishmania infantum infizierten Mäusen ergeben.

Untersucht und behandelt wurden für die Studie zwölf an viszeraler Leishmaniose erkrankte Hunde, die sich auf natürlichem Weg infiziert hatten. Sie wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die eine Gruppe mit einer herkömmlichen Antimonat-Therapie (100 mg/kg N-Methylglucaminantimonat subcutan) behandelt wurde, erhielt die andere Gruppe eine (–)-α-Bisabolol-Therapie (30 mg/kg oral). Verabreicht wurden die Medikamente in zwei Intervallen über 30 Tage, mit einer Pause von ebenfalls 30 Tagen zwischen den Intervallen. Nach Beendigung der Medikation erfolgte eine Kontrollphase von vier Monaten, während derer die Tiere regelmäßig untersucht wurden.

Kamille wirksamer als Schulmedizin

Im Ergebnis war der aus der Kamille gewonnene Wirkstoff der Schulmedizin deutlich überlegen. Die Parasitenlast wurde effektiv und stärker gesenkt, die Immunantwort fiel stärker aus (TH1/Interferon Gamma). Dadurch wurde der Parasiten-Status verbessert und die Symptome wirksam zurückgedrängt. Der Behandlungserfolg der konventionell behandelten Kontrollgruppe fiel signifikant geringer aus und im Gegensatz zur schulmedizinischen Medikation verursachte (–)-α-Bisabolol wie erwartet keinerlei Nebenwirkungen. Zwar war die Zahl der Tiere für eine generelle Aussage zur Therapiesicherheit des Kamille-Wirkstoffes zu klein, aber die Forschergruppe kommt angesichts der positiven Ergebnisse zu dem Schluss: „Der Einsatz natürlicher Produkte ist ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von caniner und humaner viszeraler Leishmaniose. Bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse dieser vielversprechenden Studie bald in ein Medikament umgesetzt werden. Dann stünde den betroffenen Tieren eine verträgliche, trotzdem wirkungsvolle Alternative zu den derzeit handelsüblichen Therapeutika zur Verfügung.“

Dozenten und Autoren ATM - Autorin Patricia Lösche

Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche.

In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

Quellen

Victoriano Corpas-López et al.: Effectiveness of the sesquiterpene (-)-α-bisabolol in dogs with naturally acquired canine leishmaniosis: an exploratory clinical trial. Vet Res Commun.2018 Jun; 42(2):121-130 doi: 10.1007/s11259-018-9714-4. Epub 2018 Feb 16. (paywall)

Einen detaillierten Info-Leitfaden zur Leishmaniose gibt es als kostenlose pdf-Datei zum Download bei der Organisation LeishVet.

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