Baden mit Hunden

Baden mit Hunden – Patricia Lösche

Hunde können leidenschaftliche Schwimmer sein, bei anderen hört der Badespaß auf, wenn das Wasser den Bauch erreicht hat. Hunde sind eben auch nur Menschen: Sie und wir sind nicht an das Leben im Wasser angepasst. Für sie wie für uns ist Schwimmen keine angeborene, sondern eine erlernte Form der Bewegung im Wasser. Aber die meisten Hunde erlernen das Schwimmen sehr schnell, wenn sie damit kein Negativerlebnis verbinden. Und dann haben sie viel Spaß im Nass.

Hunde müssen Schwimmen lernen

Verliert ein Hund im Wasser den Boden unter den Füssen, beginnt er automatisch strampelnde Bewegungen auszuführen. Dieses noch eher unkoordinierte Strampeln ist in der Regel ausreichend, um den Körper kurzfristig über Wasser zu halten. Wie gut das im Einzelfall funktioniert, hängt in erster Linie vom individuellen Körperbau ab. Niederläufige Hunde sind tendenziell im Nachteil, weil ihre kurzen Läufe den zylindrischen Körper nicht gut stabilisieren können und aufgrund der relativ geringen Angriffsfläche der Pfoten auch weniger Vortrieb erzeugen. Kleine, filigran gebaute Hunde kühlen zudem wesentlich schneller aus als solche mit großem, kompakt gebautem Körper. Ein weiterer kritischer Faktor beim Schwimmen ist die Atmung, weshalb brachycephale (kurzschnäuzige) Hunde, wie Möpse, franz. Bulldoggen oder Boston-Terrier, die ohnehin häufig mit Atemwegsproblemen zu kämpfen haben, selten gute und vor allem weniger ausdauernde Schwimmer sind.

Angeboren: der Tauchreflex

Der Tauchreflex ist angeboren. Sobald die Eingänge der Atemwege mit Wasser in Kontakt kommen, wird die Atmung blockiert, damit kein Wasser in die Lunge gelangt. Wenn große Teile der Körperoberfläche von Wasser bedeckt sind, wird zudem eine Art Notfall-Programm ausgelöst.

Der Kreislauf zentralisiert: Die Durchblutung wird auf die lebenswichtigen inneren Organe und das Gehirn konzentriert, die Pulsfrequenz sinkt. Bei Anstrengung im Wasser ist daher der Puls deutlich niedriger als bei vergleichbarer Aktivität an Land, der Sauerstoffverbrauch geringer. Der Körper schützt sich so vor Wärmeverlust und Sauerstoffmangel. Für die Extremitäten (Arme/Beine bzw. Vorder-/Hinterläufe) resultiert daraus beim Schwimmen eine eingeschränkte Sauerstoffversorgung und sie kühlen relativ schnell aus.

Eigentlich ist dieser Sauerstoff- und Wärme- Sparmodus eine sinnvolle Anpassung an den vorübergehenden Aufenthalt im Wasser, aber er macht die Muskeln auch anfällig für Krämpfe. Die Gefahr von Muskelkrämpfen müssen wir insbesondere bei längeren Aufenthalten im Wasser auch bei guten und ausdauernden Schwimmern stets bedenken.

Baden mit Hunden: Junge Hunde müssen erst lernen, sich im Wasser zu bewegen (© Patricia Lösche)

Zusätzlich spielt natürlich auch die Persönlichkeit des Hundes eine große Rolle. Neugierige, draufgängerische Kandidaten werden das Schwimmen schneller und freudiger erlernen als zurückhaltende und ängstliche Hunde. Die Gewöhnung ans Wasser sollte in jedem Fall in kleinen Schritten und im entspannten Umfeld erfolgen. Gerät ein ins Wasser gefallener oder sogar geworfener Hund in Panik, kann er auch bei optimalem Körperbau ertrinken. Und nach einem negativen Erlebnis ist es mit dem Spaß im Wasser für den Hund erst einmal vorbei. Fällt ein solcher Hund einmal versehentlich ins Wasser, ertrinkt er wesentlich schneller als ein sorgfältig ans Wasser gewöhnter Hund.

Baden mit Hunden: Schwimmhäute für mehr Vortrieb

Einige Hunderassen sind speziell für die Arbeit am und im Wasser gezüchtet. Grundsätzlich sind das mittelgroße bis große Rassen mit kompaktem, kräftigem Körperbau. Ihnen wird oft nachgesagt, sie hätten im Gegensatz zu anderen Rassen „Schwimmhäute“. Das ist nicht ganz richtig. Hunde haben alle mehr oder weniger ausgeprägte Zwischenzehenhäute (Interdigitalhäute), die ihre Zehen zusammenhalten und sie zu einer Pfote vereinigen. Bei Tieren, die an ein Leben im Wasser angepasst sind, sind diese Häute zu Schwimmhäuten ausgebildet. Die “Schwimmhäute” der Hunde sind dagegen ein gewolltes Zuchtmerkmal bei Wasserhunden, und Züchter solcher Rassen achten darauf, dass diese bei allen Hunden vorhandenen Häute bei ihnen besonders gut ausgeprägt sind. Tatsächlich verbessern sie im Wasser den Vortrieb und in entsprechenden Videos ist auch zu erkennen, dass die Hunde in der Schwimmbewegung die Zehen spreizen und so die Zwischenzehenhäute beim Schwimmen nutzen.

Baden mit Hunden: Dichte Unterwolle und hohe Talgproduktion machen das Fell mancher Hunde wasserabweisend (© Patricia Lösche)

Manche Hunde werden beim Baden kaum nass

Von der Fellstruktur her gibt es unter diesen Spezialisten zum einen glatthaarige Hunde mit ausgeprägter Talgproduktion und dichter Unterwolle. Diese Hunde scheinen gar nicht richtig nass zu werden, sie sehen spätestens nach dem Schütteln wieder fast so aus, wie vor dem Sprung ins Wasser (z.B. Labrador, Chesapeake Bay Retriever). Dieses Fell hat vermutlich tatsächlich wasserabweisende Eigenschaften und bietet auch im Wasser etwas Schutz vor Auskühlung.

Dem gegenüber haben andere (ursprünglich aus dem mediterranen Raum stammende) Wasserhunde ein langes, ständig nachwachsendes, gelocktes Fell, z.B. der Barbet oder der portugiesische Wasserhund. Das lange, gelockte Fell saugt sich allerdings augenblicklich voll. Diese Hunde sehen im nassen Zustand buchstäblich aus wie begossene Pudel, sie sind nass bis auf die Haut. Da das Wasser die Haut nahezu ungehindert benetzen kann, wird die wärmeisolierende Wirkung des Fells beim Schwimmen, wenn überhaupt vorhanden, doch vergleichsweise schwach sein. Die Fellmassen eines portugiesischen Wasserhundes mit der sogenannten Arbeitsschur werden vermutlich beim Schwimmen selbst eher hinderlich sein. Die Funktion dieser speziellen Schur liegt wahrscheinlich eher darin, dass einem so geschorenen Hund im trockenen Zustand sehr schnell sehr warm wird und er daher einfach gerne im Wasser unterwegs ist. Wer seinen Hund so zurecht macht, sollte dann wohl auch dafür sorgen, dass der Hund sich überwiegend am und im Wasser aufhalten kann.

Schmerzhaft: Die Wasserrute

Die Kokzygeale Myopathie (griech. für „Schwanzmuskelleiden“; auch „Gold Water Tail“ oder „Hammelschwanz“ genannt) ist eine Erkrankung des Hundes, deren genaue Ursache unbekannt ist. Vermutet wird eine Schädigung von Muskelfasern aufgrund einer Minderdurchblutung im Zusammenhang mit Kälte und Intensivtraining. Die Wasserrute geht mit großer Schmerzhaftigkeit am Rutenansatz und einer vorübergehenden Schwanzlähmung einher. Wedeln oder auch das Anheben der Rute sind dem Hund erst wieder nach Abklingen der Symptome möglich. Für den Besitzer gut sichtbar, wird die Rute häufig in einem Bogen, etwa eine Handbreit abstehend, getragen. Vor allem junge Hunde, Hunde die viel mit dem Schwanz wedeln, die gerne schwimmen und auch in kaltes Wasser springen, neigen zu einer Wasserrute (zum Beispiel Labradore). Dann sind Bewegungspause und vor allem Wärmebehandlungen angezeigt.

Prävention:

  • Hund vor dem Schwimmsport aufwärmen
  • Langsame Steigerung der Anstrengung
  • Nicht zu lange schwimmen lassen
  • Pausen einlegen
  • Gut abtrocknen (evtl. Bademantel anziehen)
  • Den Hund nicht im Kalten ruhen lassen
  • Das Bad im Wasser – vielen Hunden ein Bedürfnis

Grundsätzlich sollten wir in der ausgeprägten Wasserliebe mancher Hunde nicht nur eine Marotte sehen, sondern eher ein handfestes Bedürfnis nach Abkühlung. Hunde stammen von dämmerungsaktiven Tieren ab. Solche Tiere halten tagsüber eigentlich Siesta. Sie umgehen so das Problem einer Überhitzung. Uns tagaktiven Menschen hat die Evolution dafür extrem viele Schweißdrüsen geschenkt und unser Fell abgeschafft.

Nicht alle Hunde mögen schwimmen. Aber Abkühlung verschafft auch ein Fußbad (© Patricia Lösche)

Hunde sind Anpassungskünstler. An unserer Seite führen sie ein überwiegend tagaktives Leben und das weitgehend auch problemlos. Wenn wir bei hohen Temperaturen mit ihnen unterwegs sind, sollte uns allerdings klar sein, dass diese Situation zu den vielen, vielen Dingen gehört, auf die sie die Natur nicht vorbereitet hat. Insbesondere wenn dann von der Zucht her noch ungünstige Faktoren hinzukommen (verengte Atemwege, dysfunktionale Fellberge, übergroßer/massiger Körperbau etc.) sollten wir zwischendurch zumindest Möglichkeiten zur Abkühlung anbieten.

Ein Spaziergang am Wasser ist eine gute Möglichkeit und viele Hund haben in Seen oder Flüssen ähnlich großen Spaß wie Kinder im Freibad. Wie bei Kindern ist es auch bei Hunden wichtig, sich ein paar Gedanken zur Sicherheit zu machen. Insbesondere an Fließgewässern kann der Wasserspaß schnell gefährlich werden. Es ist immer darauf zu achten, dass die Strömung nicht zu stark ist und der Hund nicht in Bereiche abgetrieben werden kann, in denen das Ufer steil wird und keine Ausstiegsmöglichkeiten mehr bietet. Apportel sollten gegen die Strömung geworfen werden, so dass der Rückweg einfacher ist als der Hinweg. Bei großer Anstrengung steigt schon nach wenigen Minuten im Wasser die Gefahr von Muskelkrämpfen.

Was ist eine Wasservergiftung

Beim Apportieren und wilden Toben im Süßwasser schlucken Hunde manchmal zu viel davon und es kommt zur Hyperhydratation, auch Wasservergiftung genannt. Im Körper entsteht ein Mangel an Salz, der im Extremfall sogar tödlich enden kann. Muss der Hund nach ausgiebigem Badespaß häufig pinkeln, erbricht sich, taumelt, zeigt eventuell Krämpfe und Appetitlosigkeit, ist an die Möglichkeit einer Wasservergiftung zu denken und der Hund sollte umgehend dem Tierarzt vorgestellt werden, der den Salzmangel durch eine Elektrolytlösung ausgleichen muss.

Baden mit Hunden – Schwimmweste ja oder nein?

Für die Wasserfreaks unter den Hunden und bei ausgedehnten Apportierspielen im Wasser ist es durchaus sinnvoll, den Hund mit einer Schwimmweste für Hunde zu sichern. Solche unsinkbaren Geschirre gibt es seit einiger Zeit von verschiedenen Herstellern. Ein solches Geschirr macht auch für Hunde mit schwer kontrollierbarem Jagdtrieb Sinn, die bei der spontanen Verfolgung von Wasservögeln möglicherweise an ungeeigneter Stelle ins Wasser springen und abgetrieben werden. Da nützt dann auch ein sorgfältig trainierter Abruf nichts mehr und man ist froh, wenn der Hund eine Schwimmweste trägt. Aber solange Sicherheitsaspekte und die körperlichen Belastungsgrenzen des Hundes berücksichtigt werden, der Hund freiwillig schwimmt und Spaß am Wasser hat, sorgt die Bewegung im Wasser nachhaltig für gute Laune.

Beim Baden mit Hunden sind die für Naturschutzgebiete und Uferrandzonen geltenden Schutzregeln zu respektieren. Ebenso ist Rücksicht auf andere Badende zu nehmen. In Kanälen und Baggerseen sollten Hunde wegen der steilen Böschungen nicht ins Wasser gelassen werden. Die Gewässerqualität muss vertrauenswürdig sein, weil Hunde beim Baden das Wasser auch trinken. Vorsicht ist vor allem geboten in der Nähe von einleitenden Rohren.

Sind Meer, Fluss oder See weit weg, reicht für Spaß und Abkühlung auch ein Planschbecken (© Patricia Lösche)

Freiwillige, ausdauernde körperliche Aktivitäten wie Schwimmen und Laufen haben auf vielen Ebenen einen positiven Einfluss auf die Befindlichkeit von Säugetieren. Hunde mit Erkrankungen des Bewegungsapparates können von kontrolliertem, regelmäßigem Schwimmen oder Wasserlaufen profitieren. Beim Schwimmen fördert der Auftrieb des Wassers die Beweglichkeit, ohne Gelenke durch das Körpergewicht zu belasten, der Widerstand beim Gehen durch bauchtiefes Wasser sorgt für Muskelaufbau und fördert die Motorik. Für eine therapeutische Wirkung müssen die Hunde dabei geführt werden, oder aber mit menschlicher Schwimmbegleitung ins Wasser. Freies Spielen und Toben im Wasser ist Fun, ersetzt aber keine Therapie. Bei Tieren mit Erkrankungen des Bewegungsapparates ist eine vorherige Rücksprache mit dem behandelnden Tier-Physiotherapeuten oder Tierarzt darum sinnvoll.

Tipp

Schwimmen und Waten im Wasser ist ein super Sommerspaß. Aber für die meisten Hunde auch ganz schön ungewohnt und anstrengend. Die begeisterten Wassersportler unter ihnen schießen da gerne mal über das Ziel hinaus und belasten sich über die Erschöpfungsgrenze hinweg. Darum muss ihr Mensch gut auf Anzeichen von Müdigkeit achten und sie lieber mal eine Pause mehr einlegen lassen. Auch um Wasserrute, Muskelkrämpfen und erschöpfungsbedingten Verletzungen vorzubeugen.

Beachten wir die Sicherheitsaspekte, steht dem gemeinsamen Schwimmspaß nichts mehr im Wege. Wir sollten uns von der ungetrübten Freude unserer Vierbeiner im Wasser anstecken lassen. Ganz nebenbei fördern wir so spielerisch die gemeinsame Bindung. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Schwimmen, Plantschen und Wassertreten.

Dozenten und Autoren ATM - Autor Gerrit Stephan

Gerrit Stephan

Hundetrainer, ATN-Hundepsychologe und Biologe (b.sc.) Gerrit Stephan ist neben seiner langjährigen Hundetrainertätigkeit mit seiner eigenen Hundeschule und -verhaltensberatung „Fave Canem“ seit 2013 Dozent für Hundewissenschaften bei der ATN.

Besonders der Themenbereich „Trennungsangst“ ist einer der Schwerpunkte seiner Arbeit, da dies für viele Hunde und Halter ein großes Problem darstellt. Daher leitet er auch die Langzeitstudie „Bello allein zu Haus“, die in Zusammenarbeit der ATN mit dem SWR durchgeführt wird, um das Verhalten der Hunde beim Alleinsein und ihre damit verbundenen Emotionen und deren Auswirkung auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu untersuchen.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Betreuung von Familien, die einen Hund aus dem Tierschutz übernommen haben. Die erfolgreiche Integration eines solchen Hundes und das Zusammenwachsen solcher Hund-Mensch-Teams bereiten ihm ebenfalls besonders viel Freude.

fave-canem.de

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