Pferde im Frühling richtig anweiden

Richtiges Anweiden von Pferden hält sie auch auf der Frühlingskoppel gesund – Patricia Lösche

Pferde Anweiden im Frühling

Die Weidesaison steht vor der Tür und mit ihr auch die Frage danach, wie man die Pferde am besten an die neue Futtersituation auf der Weide gewöhnt, damit sie vom saftigen, frischen Grün nicht krank werden.

Die Verdauung unserer Pferde ist eine diffizile Angelegenheit. Abrupte Änderungen auf dem Speiseplan sind bei Pferden von der Natur nicht vorgesehen und machen vor allem auf modernen Gras-Monokulturen vielen zu schaffen. Jetzt im Frühjahr, zu Beginn der Weidesaison, steht für die meisten so ein Wechsel im Pferde-Menü an. Schließlich kommen die wenigsten Pferde in den Genuss einer Winterweide mit sanftem Übergang in der Zusammensetzung der Grasdecke.

Obwohl die Risiken seit langem bekannt sind, gibt es in vielen Pferdehaltungen noch immer am Stichtag erster Mai den radikalen Wechsel von der Heu- oder Heulage-Fütterung im Stall zur Grünfutterration der Weide. Oft von 0 auf 100, d. h. von jetzt auf gleich. Wie gesundheitsschädlich solch schnelle Nahrungsumstellungen sein können, beweisen für diese Jahreszeit typische Erkrankungen wie Durchfall und Kotwasser, Kolik, Myopathien (Muskelerkrankungen) und allen voran – die Hufrehe.

Der Pferdedarm hat sich über den Winter an die Ernährung mit Raufutter angepasst. Die Darmflora ist ausgewogen, zusammengesetzt aus Bakterien, die sich auf die optimale Verwertung der Winterfütterung spezialisiert haben. Werden dem Pferd plötzlich große Mengen Grünfutter in Form von frühlingsfrischem Weidegras zugeführt, gerät dieses Gleichgewicht aus den Fugen, und ein Teil der Nahrung kann nicht richtig verarbeitet werden. Insbesondere wenn den Pferden statt sortenreicher Wiesen nur üppige, an Milch- und Mastvieh angepasste kräuterarme Weideflächenen zur Verfügung stehen, kann diese schnelle Umstellung viele Pferde krank machen.

Warum macht falsches Anweiden Pferde krank?

Im frischen Gras sind hohe Konzentrationen von Kohlenhydraten in Form von langkettigen Zuckermolekülen – so genannte Fruktane. Kohlenhydrate müssen im Dünndarm des Pferdes verdaut werden, denn eine Aufschließung ist nur über enzymatische Vorgänge möglich. Wird das Pferd im Rahmen der radikalen Nahrungsumstellung nun mit zu vielen Kohlenhydraten (zum Beispiel im Frühjahr in Form von Fruktanen) gefüttert, dann gelangen diese wegen der unangepassten Darmflora unverdaut in den Dickdarm, wo eine ganz andere Verdauungsstrategie herrscht.

Die Bakterien, die Cellulose aufschließen, werden von Milchsäurebakterien verdrängt, die sich im Milieu der nur unzureichend verdauten Kohlenhydrate optimal und sprunghaft vermehren können. Gleichzeitig gehen celluloseverdauende Bakterien zugrunde. Ihre Zerfallsprodukte, sogenannte Endotoxine, gelangen in den Blutkreislauf und können Entzündungen und viele andere Reaktionen im Körper des Pferdes verursachen. Die Stoffwechselprodukte der unerwünschten Bakterien tun ihr Übriges dazu. Am Ende stehen dann unter Umständen nicht nur mehr oder weniger schwere Darmentzündungen, sondern bei gefährdeten Tieren auch gefährliche Hufreheschübe, besonders dann, wenn sie ohnehin unter Stoffwechsel-Erkrankungen leiden.

Auf so einer satten Maiweide kann ein Pferd innerhalb einer Stunde bis zu sechs Kilo Gras fressen! Dabei ist es nicht einmal entscheidend, wie groß das Pferd ist, oder ob es sich um ein Pony oder Großpferd handelt. Auch Ponys fressen diese Mengen, das geringere Maulvolumen wird durch die Erhöhung der Kauschläge ausgeglichen. Nur sehr große Pferde wie z. B. Percherons weichen von dieser Menge ab – aber eben auch nicht nach unten, sondern nach oben. Geschickte, an den Pferdetyp angepasste Managementmaßnahmen können dem entgegen wirken.

Richtig anweiden, wie funktioniert das?

  • Pferd IMMER vorher mit Heu satt füttern (nicht mit Kraftfutter!).
  • Weidezeit langsam steigern – mit 15-20 Minuten beginnen und dann über 3-4 Wochen pro Tag um 15-20 Minuten steigern.
  • Bei beginnendem Durchfall die Steigerung aussetzen und mehr Heu füttern.
  • Weidezeit während der Hauptwachstumsphase (bis Juli) angepasst an das jeweilige Pferd einschränken (Gilt nicht für tragende/laktierende Stuten und deren Fohlen)
  • Nahrungskarenzen über 5 Stunden unbedingt vermeiden (außerhalb der Weidezeit).
  • Bei kalten Nächten und sonnigen Tagen gefährdete Pferde im Paddock lassen (hohe Fruktan-Konzentration im Gras! Oder nur ganz kurz hinauslassen.
  • Empfindliche Tiere nach solchen Unterbrechungen besser vorsichtig neu anweiden!)
  • Die tägliche Mineralfutterration anpassen!

Und zu guter Letzt: An ausreichend Bewegung denken. In jeder Stunde, die das Pferd arbeitet, verbrennt es nicht nur die zusätzlichen Kalorien, die es auf der Weide aufnimmt. Es kann während dieser Zeit (hoffentlich) auch nicht fressen! So gelingt es, das Frühjahr mit den Pferden in vollen Zügen zu genießen ohne Angst vor Durchfall, Muskelproblemen oder gar Hufrehe!

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