Überhitzung: Pferde richtig vor Sommerhitze schützen

Überhitzung beim Pferd: In praller Sonne und bei Überanstrengung ist die Gefahr besonders groß – T. Brandes

Überhitzung ist für Pferde gefährlicher, als mancher denkt

Pferde vertragen Hitze längst nicht so gut wie Menschen. Ob durch direkte Sonneneinstrahlung oder innere Überhitzung infolge von Überlastung – für das Pferd sind das keine Bagatellen. Lesen Sie, wie sehr Pferde tatsächlich unter Hitze leiden, und was man als verantwortungsbewusster Pferdehalter dagegen tun kann.

Auch Pferde können einen Sonnenstich bekommen. Besonders dunkle Pferde oder solche mit wenig Schopf können hiervon schneller betroffen sein. Dazu braucht es gar nicht mal so hohe Temperaturen – steht das Pferd auf einer Weide oder einem Paddock ohne Schatten, kann das nachhaltig schaden: Das Hirn des Tieres schwillt durch die Überhitzung an und zieht entsprechende zentrale Ausfallerscheinungen wie Taumeln, Zwangsbewegungen oder Festliegen nach sich. Ein Pferd, das nachmittags platt auf der Weide liegt, muss daher nicht unbedingt ein Schläfchen halten, sondern kann durchaus ernsthaft überhitzt sein. Es lohnt sich daher, hier lieber einmal mehr nachzuschauen, ob das Pferd tatsächlich schläft, oder ob es in einer Ohnmacht liegt.

Systemische Überhitzung – eine zusätzliche Gefahr

Eine systemische Überhitzung birgt für das betroffene Pferd weitere Risiken. Hier kann es auch ohne Belastung zu einer deutlichen Erhöhung der Körpertemperatur kommen, oft bei gleichzeitigem Wassermangel.

Die wichtigste Maßnahme bei akuten Symptomen einer Überhitzung beim Pferd: Rufen Sie sofort einen Tierarzt. Fälle von Überhitzung sind Notfälle! Bis der Tierarzt vor Ort ist, können Sie Ihrem Pferd folgendermaßen helfen:

  • Führen Sie das Pferd in den Schatten. Kühlen Sie die Gliedmaßen mit Wasser (nicht eiskalt!). Hüllen Sie das Pferd in eine feuchte Decke (nasse Abschwitzdecke oder altes Bettlaken). Liegt das Pferd fest, sorgen Sie als erstes für Schatten, z.B. mit einem Sonnenschirm oder einem Helfer, der sich mit einer Stalldecke zwischen Pferd und Sonne stellt.
  • Carbo vegetabilis in D12 ist ein homöopathisches Kreislaufmittel, das Sie in diesem Fall bedenkenlos verabreichen können.
  • Bieten Sie dem Pferd in solch akuten Fällen KEIN Wasser an. Durch die zentralnervösen Einschränkungen kann der Schluckreflex gestört sein, das Pferd kann dann evtl. Wasser einatmen, was zu einer Lungenentzündung führen kann.
  • Futter aus dem gleichen Grund entziehen.

Überhitzung beim Pferd: Provoziert durch unangepasstes Training

Pferde überhitzen bis zu zehnmal schneller als Menschen. Besonders an schwül-warmen Sommertagen ist die Gefahr groß. In einem Interview mit dem neuseeländischen Pferdemagazin horsetalk.nz erklärt Prof. Dr. Lindinger, Veterinär und Sportmediziner an der Universität in Guelph/Kanada, dass bei solchem Wetter schon siebzehn Minuten Training in mäßiger Intensität ausreichen können, um die Körpertemperatur eines Pferdes auf ein gefährliches Niveau zu steigern. „Das dauert beim Menschen drei- bis zehnmal so lang“, mahnt er. Das Hitzeempfinden des Reiters darf also auf keinen Fall maßgebend sein für eine Beurteilung, ob das Wetter für ein Training noch akzeptabel ist oder nicht.

Warum sind Pferde anfälliger für Überhitzung als Menschen?

Pferde haben einen größeren Anteil an aktiven Muskeln. Werden diese belastet, erzeugen sie zusätzliche Wärme. Darum kommt ein Pferd ins Schwitzen. Alle guten Reiter wissen, dass die Muskeln, die am meisten beansprucht werden, zuerst schwitzen. Schwitzen ist deshalb ein guter Indikator dafür, wie gut das Pferd generell im Training steht. Schwitzt das Pferd z.B. vornehmlich am Hals, so ist die Hinterhand nicht aktiv genug und das Pferd in keiner guten Kondition. Pikant: Ein solches Pferd überhitzt durch unangemessenes Training noch schneller als ein gut trainiertes Tier.

Der normale Pferdekörper produziert bei kühlem Wetter und starker Anstrengung ca. 20 Liter Schweiß. Ist es heiß, steigt dieser Wert stark an. Kommt noch eine schwüle Hitze dazu, ist die Schweißproduktion weniger ausgeprägt und liegt bei ca. 30 Litern. Durch die feucht-warme Umgebungstemperatur kann die sogenannte Verdunstungskühlung nicht mehr effektiv wirken: Das Pferd steht in einer Blase warmer Luft, in der der Schweiß einfach nur zu Boden rinnt. Das ist für das Pferd besonders fatal, da es nur rund 30 Prozent seines Schweißes für die Kühlung nutzen kann – anders als der Mensch, der bis zu 50 Prozent nutzt.

Überhitzung kann zu bleibenden Schäden – bis hin zum Tod – führen

Versagen die körpereigenen Kühlungsmechanismen, kann die Körpertemperatur stark ansteigen, bis auf 41 Grad. In den Muskeln werden Temperaturen von bis zu 43 Grad erreicht. Unter solchen Bedingungen beginnen die körpereigenen Proteine mit einer Zersetzung. Dauert die Überhitzung an, so reagiert der Organismus mit Blutdruckabfall, Koliken und Nierenversagen.

Hinzu kommt, dass der Körper des Pferdes dabei viele Elektrolyte verliert. Werden diese nicht ersetzt, kommt es zu einer weiteren Demineralisierung des Organismus, weil normales Wasser hier die Körperflüssigkeiten nur verdünnt, nicht aber qualitativ anreichert. Die Folgen sind fatal, denn Elektrolyte sind wichtig zur Aufrechterhaltung des Zellstoffwechsels. Läuft dieser nicht oder nur unzureichend ab, sind Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen und Nervenschädigungen vorprogrammiert.

Überhitzung beim Pferd verhindern

Vor diesem Hintergrund sollten verantwortungsbewusste Pferdehalter nicht nur die Haltung ihrer Pferde den sommerlichen Witterungsbedingungen entsprechend gestalten, sondern auch die Nutzung ihrer Pferde an die herrschenden klimatischen Bedingungen anpassen. Trainings wie auch Entspannungsausritte sollten in die frühen Morgen- oder die sehr späten Abendstunden gelegt, Ritte in der prallen Sonne generell vermieden werden. Insbesondere dann, wenn draußen die Temperaturen so steigen, dass selbst der Mensch sich nicht mehr freudig bewegen mag.

Außerdem sollte man darüber nachdenken, ob es im Hinblick auf den Tierschutz noch pferdegerecht ist, bei einer Hitzewelle wie der derzeitigen, die Pferde noch auf Turnieren starten zu lassen. Auch seitens der Veranstalter sollte hier zum Wohle des Pferdes lieber einmal zu viel als einmal zu wenig darüber diskutiert werden, die Prüfungen entweder in ein temperaturgefälligeres Zeitfenster zu legen oder sogar ganz abzusagen. Eine sicherlich unpopuläre, aber tierschutzgerechte Entscheidung.

Tipps für das richtige Abkühlen des Pferdes

  • Pferd im Schatten abduschen (nicht mit eiskaltem Wasser!).
  • Mit den Hinterbeinen beginnen, dann die Vorderbeine hinzunehmen, dann den Hals – den Rumpf erst ganz zum Schluss abkühlen.
  • Zwischendurch das Pferd mit dem Schweißmesser abziehen und dann mit der Kühlduschung von vorn beginnen.
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Die ATM vermittelt ein solides Basiswissen in der klassischen Schulmedizin, eine Voraussetzung für jeden Gesundheitsberuf. Die Referenten sind Hochschuldozenten, Fachtierärzte und Humanmediziner mit erheblicher Praxiserfahrung, Tierpsychologen, Biologen und Apotheker. Erfahrene Heilpraktiker sowie anerkannte Experten aus dem Bereich der Naturheilkunde führen die Praktika im Schulungszentrum Bad Bramstedt durch.

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