Meerschweinchen und Sommerhitze – ein gefährliches Duo

Meerschweinchen und Sommerhitze – ein gefährliches Duo – Prof. Dr. Linda Maria Koldau

Meerschweinchen fühlen sich im Garten im wahrsten Sinne des Wortes sauwohl. Dennoch können auch Außengehege im Sommer zur tödlichen Falle werden, wenn die Tiere nicht rund um die Uhr vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sind. Denn Meerschweinchen können im Gegensatz zu vielen anderen Tierarten ihre Körperhitze nicht durch Schwitzen nach außen abgeben. Darum müssen Halter im Sommer besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen, ob die Meerschweinchen in der Wohnung gehalten werden oder im Garten wuseln.

Warum vertragen Meerschweinchen keine Hitze?

Obwohl Meerschweinchen die Außenhaltung im Garten lieben, vertragen sie keine große Hitze. Das liegt daran, dass diese Tierart ursprünglich in den Hochlagen der Anden beheimatet ist und besser mit Kälte als mit Hitze zurechtkommt. Dies zeigt sich in ihrer Thermoregulation: Meerschweinchen haben keine Schweißdrüsen. Dadurch können sie nicht schwitzen und geben Körperhitze nur minimal durch einen unvollkommenen Hechelmechanismus ab. Hinzu kommt, dass sie meist ein dichtes Fell haben. Dadurch geraten Meerschweinchen leicht unter Hitzestress und sind sehr anfällig für Hitzschlag. Der Sommer ist für Meerschweinchen also eine durchaus gefährliche Jahreszeit: Temperaturen über 30° C, also normale Sommertage in Süddeutschland, sind für Meerschweinchen lebensbedrohlich. Bereits Temperaturen über 25° C bedeuten für Meerschweinchen Hitzestress. Vor allem alte, schwangere oder übergewichtige Tiere sind besonders anfällig für Hitze.

Luftige Unterstände bieten für Meerschweinchen einen guten Schutz vor der Hitze. (Foto: Prof. Dr. Linda Maria Koldau)

Grundsätzlicher Schutz vor Hitze

Unverzichtbar ist für Meerschweinchen im Sommer:

  • kurzer Haarschnitt für Langhaarmeerschweinchen
  • unbedingter Schutz vor Sonne zu jeder Tageszeit (Achtung: die Sonne wandert!): große Sonnensegel oder Sonnenschirme, Büsche und Baumkronen im Außengehege oder in einem ausreichend großen Balkongehege; breite Etagen und Rolläden vor den Fenstern in der Innenhaltung
  • sonnige Räume, in denen das Gehege steht, tagsüber abdunkeln, nachts gründlich lüften (Achtung: die Meerschweinchen dürfen nicht im Zug stehen!).
  • luftige Unterstände und schattenspendende Etagen statt kleiner Häuser anbieten. Die im Titelbild dargestellten beliebten „Einschweinhäuschen“ sollten nur bei mäßigen Temperaturen verwendet werden.
  • ausreichend großer Auslauf: Ein Käfiggitter auf dem Rasen ist viel zu klein; ein Käfig, der einfach auf den Balkon gestellt wird, kann schnell zur tödlichen Hitzefalle werden.
  • Versorgung mit Trinkwasser und Grünfutter (Gras) rund um die Uhr
  • stark wasserhaltiges Frischfutter nicht in der Mittagshitze reichen: Hier besteht Gefahr der Fehlgärung und somit einer lebensbedrohlichen Aufblähung im Verdauungstrakt.
  • Bei Außentemperaturen ab 30° C sollte man die Meerschweinchen lieber im Haus lassen, ggf. sogar tagsüber in einen kühlen dämmrigen Raum stellen.
  • Balkonhaltung: nur, wenn der Balkon auf der Nordseite liegt und die Meerschweinchen ausreichend Platz zur Verfügung haben – Balkons mit Sonneneinstrahlung sind im Sommer nicht für die Außenhaltung geeignet!

Klimaanlage für Meerschweinchen?

An besonders heißen Tagen reichen diese grundsätzlichen Maßnahmen nicht immer aus. Halter können ihren kleinen Fellnasen mit verschiedenen Tricks zusätzliche Kühlung verschaffen:

  • Kacheln ins Gehege legen – Meerschweinchen legen sich an heißen Tagen gerne auf diesen kühleren Untergrund
  • feuchte Tücher über Unterständen ausspannen oder in warmen Innenräumen vor die Fenster spannen (Achtung: die Feuchtigkeit darf nicht zu stark und dauerhaft sein, sonst kann sich Schimmel bilden)
  • Kühlakkus in das Gehege legen und dabei so positionieren, dass Meerschweinchen beliebig an dieser Stelle Kühle aufsuchen können. Am besten geeignet ist hierfür eine Flasche mit gefrorenem Wasser (vor dem Einfrieren nur 3/4 füllen), die in ein Handtuch gewickelt und ins Gehege gelegt wird; alternativ können Sie auch mehrere Akkus in einen Stoffbeutel legen und mit einem Handtuch umwickeln. Kühlakkus, die außerhalb des Geheges angebracht werden, haben dagegen so gut wie keine Wirkung.
  • Kühlhaus für Meerschweinchen: Eine Bauanleitung für ein „Kühlhaus“ mit integrierten Kühlakkus finden Sie hier
  • Sandkasten (der überwiegend im Schatten liegt) als kühlender Ruheort im Außengehege

Ein Ventilator ist zur Kühlung dagegen nicht geeignet: Luftventilation kühlt nicht, sondern erzeugt bei Menschen das Empfinden von Kühle, weil sie die Hitze auf unserer Haut wegbläst. Das Meerschweinchenfell dagegen wird durch den Luftzug nicht abgekühlt – vielmehr besteht hier die Gefahr, dass Augen und Schleimhäute austrocknen und dass sich die Tiere selbst an heißen Tagen durch den ständigen Luftzug erkälten können.

In einer stickigen Dachwohnung sollten Sie die Verwendung eines Klimageräts erwägen, das allerdings in ausreichendem Abstand zum Gehege aufgestellt werden muss. Notfalls können Meerschweinchen an heißen Tagen auch in ein provisorisches Gehege im Badezimmer (Kacheln), im Souterrain oder im Keller untergebracht werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Meerschweinchen durch einen Gehegewechsel gestresst werden. Eine solche Unterbringung ist daher allenfalls eine Notlösung.

Meerschweinchengehege in einem sonnigen Raum bei Hitze besser abdunkeln. (Foto: Prof. Dr. Linda Maria Koldau)

Auf keinen Fall ein „kühlendes Bad“!

Es mag zwar verlockend erscheinen, kann aber tödlich enden: Ein „kühlendes Bad“ ist für Meerschweinchen absolut keine Option. Meerschweinchen sind keine Schwimmer und schrecken in der Regel vor Wasser zurück. Werden sie an einem heißen Tag zwangsweise in Wasser gesetzt, können sie sogar an einem Schock sterben. Auf jeden Fall aber werden sie massiv gestresst: Meerschweinchen, die auf Youtube-Filmen als angeblich putzige Paddler in einem Kinderplantschbecken gezeigt werden, kämpfen in Wirklichkeit panisch darum, wieder trockenen Boden unter den Füßen zu bekommen. Auf keinen Fall tut ihnen ein Bad gegen Hitze gut; vielmehr können sie sich (abgesehen von dem starken Stress) durch den plötzlichen Temperaturwechsel erkälten, was bei Meerschweinchen wiederum rasch zu einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung führen kann.

Was tun bei Hitzschlag?

Anfällig für Hitzschlag sind vor allem übergewichtige, trächtige und alte Tiere. Symptome sind:

  • Teilnahmslosigkeit
  • Liegen auf der Seite
  • flache, schnelle Atmung (Flankenatmung)
  • schneller, schwacher Puls

Bei diesen Symptomen ist sofort zu handeln. Die Erste Hilfe muss der Halter selbst leisten:

  • das Meerschweinchen in ein kühles, leicht feuchtes Handtuch wickeln (der Kopf bleibt draußen)
  • Füße in kühles Wasser eintauchen (kühlendes Fußbad, z.B. in einem Blumentopfuntersetzer – dadurch, dass nur die Füßchen eingetaucht werden, gerät das Tier nicht unter Stress)
  • Flüssigkeit einflößen (wenn das Tier Futter annimmt, ist die beliebte, stark wasserhaltige Gurke zu empfehlen; ansonsten sollte man mit einer
  • nadellosen Spritze Wasser seitlich ins Maul spritzen und das Meerschweinchen abschlucken lassen)

Wenn sich der Zustand des Meerschweinchens nicht umgehend bessert, müssen Sie es sofort zum Tierarzt bringen, damit es Infusionen und gegebenenfalls Corticoide gegen Kreislaufversagen bekommt. Wichtig ist das rasche Handeln: Ein unbehandelter Hitzschlag endet für Meerschweinchen fast immer tödlich!

Meerschweinchen unterwegs

Transporte von Meerschweinchen sind bei großer Hitze unbedingt zu vermeiden. Wenn nicht anders möglich, wählen Sie frühe Morgenstunden oder den Abend für den Transport bzw. bevorzugen Sie Sprechstundenzeiten des Tierarztes, die möglichst außerhalb der größten Hitze liegen. Bitte bedenken Sie bei Autotransporten: Selbst bei Außentemperaturen deutlich unter 25° C kann das Wageninnere so stark aufheizen, dass Meerschweinchen einen Hitzschlag erleiden können. In der warmen Jahreszeit dürfen Meerschweinchen auf keinen Fall unter direkter Sonneneinstrahlung im Auto transportiert werden. Legen Sie notfalls ein feuchtes dünnes Laken über die Transportbox (keine schwere Decke – das führt zu Hitzestau). Eine Transportbox mit Meerschweinchen darf im Sommer niemals im Wagen stehengelassen werden – auch nicht, um eben noch schnell was einzukaufen: Eine unerwartete Verzögerung könnte Ihre Schweinchen das Leben kosten.

Dozenten und Autoren ATM - Autorin Prof. Dr. Linda Maria Koldau

Prof. Dr. Linda Maria Koldau

Prof. Dr. Linda Maria Koldau ist Professorin für Kulturgeschichte und arbeitet seit 2014 in der Tierheilkunde sowie seit 2018 als Dozentin für Veterinäranatomie. Als Tierheilpraktikerin und Tierphysiotherapeutin ist sie besonders auf Meerschweinchen spezialisiert und hat zu dieser Tierart den Ratgeber „Meerschweinchen“ beim Kosmos-Verlag sowie mehrere Lehrbücher publiziert.

tierphysiotherapie-schwedeneck.de.tl

Nach oben scrollen