SARS-CoV-2 / COVID-19 hat uns im Griff. Aber was ist mit unseren Haustieren, allen voran Hund und Katze? Sind sie empfänglich dafür, dürfen wir sie noch streicheln und mit ihnen kuscheln? Können sie an COVID 19 erkranken? Der Auslöser für die Atemwegserkrankung, SARS-CoV-2, gehört zur Familie der Coronaviridae, einer seit den 1960er Jahren bekannten Virenfamilie. Verwandt ist es mit SARS-CoV(-1) und dem MERS-CoV, die 2002/3 bzw. 2012-2014 pandemisch waren. Sieben humanpathogene Coronaviren gibt es, doch nur die genannten drei können nach bisherigem Kenntnisstand auch zu sehr schweren, bisweilen tödlichen Krankheitsverläufen führen.
SARS-CoV-2: Übertragungskette
Coronaviren befallen Säugetiere (dazu gehört auch der Mensch), Vögel und Fische. Meist sind sie wirtsspezifisch, d.h. jede Art hat „ihre“ Coronaviren. Nur wenige von ihnen können die Artengrenze überspringen und von einer Art auf eine andere übergehen. Für SARS-CoV und MERS-CoV, Coronaviren, die in den vergangenen Jahren ebenfalls humane Pandemien auslösten, wurde das nachgewiesen. Fledermäuse waren hier Überträger, und die Viren gerieten über die „Brückenwirte“ Zibetkatze und Marderhund bzw. Kamel an den Menschen. Für das derzeitige Virus wird ein ähnlicher Übertragungsweg als Auslöser der derzeitigen Pandemie vermutet.
Wie sieht es mit Haustieren aus? Die World Small Animal Veterinary Association (WSAVA), eine weltweite Tierärztevereinigung, geht nicht von einer Übertragbarkeit durch Haustiere aus, auch nicht von deren Erkrankung durch das Virus. Zwar wurde in Hongkong ein Hund schwach positiv getestet, aber bislang ist dies ein Einzelfall geblieben, bei dem zunächst von einer Kontamination des Hundes durch die erkrankte Besitzerin ausgegangen wurde. Aufgrund der Laborbefunde nach Quarantänestellung des Hundes wurde die Diagnose später auf vermutlich schwach infiziert korrigiert. Aber weder erkrankte der Hund, noch vermehrten sich die Viren in ihm. Als relevantes Erregerreservoir spielen Haustiere also keine Rolle.
Update 2022
COVID-19 ist eine Erkrankung, die auf Tiere übertragbar ist (Zoonose). Für den umgekehrten Übertragungsweg gibt es dagegen bislang keinen Beweis. Wegen der Nähe zu unseren Haustieren ist es sinnvoll, Haustiere in die epidemiologische Forschung einzubeziehen (Epidemiologie beschäftigt sich wissenschaftlich mit der Entstehung, Ausbreitung, Bekämpfung und mit den gesellschaftlichen Auswirkungen von Epidemien). Ein Team um den Virologen Prof. Albert Osterhaus untersuchte 2020 nach der ersten Corona-Welle 2.160 Blutproben von Katzen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien und Spanien. Der Studie zufolge, die vom vom Research Center for Emerging Infections and Zoonoses veröffentlich wurde, hatten sich 4,3 bzw. 4,4 Prozent der untersuchten Katzen beim Menschen angesteckt. Die Unterschiede erklären sich durch zwei verschiedene Testverfahren, die parallel verwendet wurden.
In einem Interview kommentiert Osterhaus das Ergebnis: „Es kann natürlich wichtig sein, bestimmte bedrohte Tierarten in Zoos zu impfen. Aber es ist nicht notwendig, systematisch alle unsere Hunde und Katzen zu impfen. In den meisten Fällen ist COVID-19 für sie eine milde Erkrankung, falls sie überhaupt erkranken.“ Osterhaus weiter: „Katzen und Hunde spielen bei der Epidemiologie der Menschen wahrscheinlich keine Rolle. Sie können von Menschen infiziert werden, aber sie verbreiten das Virus meistens nicht unter Menschen. Momentan glaube ich daher nicht, dass eine COVID-19-Impfung für Katzen und Hunde sinnvoll ist.“ (vetline.de vom 5.4.2022, Zugriff 15.11.2022). Weitere Studien sind in Vorbereitung, auch mit Hunden. Darin soll untersucht werden, ob die neueren Corona-Varianten nicht nur für den Menschen, sondern auch für Tiere infektiöser sind. Sie befallen vornehmlich die oberen Atemwege. Das könnte die Übertragung auf Tiere begünstigen. Auch der Austausch zwischen den Arten wird dadurch möglicherweise erleichtert.
Auch das European Centre of Disease Prevention and Control (ECDC) und die WHO gehen nicht von einer Übertragbarkeit auf und durch Haustiere aus, entsprechend gibt es auch keine besonderen Ratschläge für Sicherheitsmaßnahmen im Umgang mit Tieren. Von der Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen abgesehen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Friedrich-Löffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit/FLI) schließen eine Ansteckung von oder durch Haus- und Nutztiere ebenfalls aus. Das FLI empfiehlt lediglich Tierärzten, bei ungewöhnlichen Atemwegserkrankungen von Hund und Katze sicherheitshalber auf SARS-CoV-2 zu testen. Aber das gilt dem wissenschaftlichen Interesse an den Verbreitungswegen und basiert nicht auf einer vermuteten Ansteckungsgefahr. Tests des FLI an Hühnern und Schweinen haben auch für diese Nutztiere ebenfalls keine Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 nachweisen können. Bei Schweinen war dies insofern von besonderem Interesse, als ein anderes, schweinespezifisches Coronavirus (Porcines Coronavirus/PEDV) bei Ferkeln zum Tod führt. Anders dagegen die Ergebnisse der Untersuchungen an Frettchen und Flughunden. Diese beiden Tierarten scheinen für das Virus als Wirtstiere infrage zu kommen. Insbesondere Frettchen scheinen für die Weitergabe zumindest untereinander prädisponiert zu sein, zeigen aber keine Krankheitssymptome (Pressemeldung FLI vom 2. März 2020).
Hunde und Katzen stellen kein Erreger-Reservoir dar
Hunde und Katzen dürfen weiterhin nach draußen. Erkrankten Hundehaltern empfiehlt die WSAVA prophylaktisch, allzu engen Kontakt zu meiden und ihren Hund möglichst von anderen betreuen zu lassen. Weil eine Übertragung auf Hunde wegen der Laborbefunde des Hongkonger Hundes nicht hundertprozentig sicher auszuschließen ist, wird außerdem empfohlen, dass Erkrankte bei der Versorgung von Tieren vorsichtshalber Atemschutzmasken und Handschuhe tragen und es mit den Hygienemaßnahmen genau nehmen.
Beim ECDC heißt es zum Umgang mit Haustieren: “Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Haustiere (z.B. Hunde und Katzen) ein Infektionsrisiko für den Menschen darstellen. Aber als grundsätzliche Vorsichtsmaßnahme ist es angeraten, beim Kontakt mit Tieren die Grundregeln einer angemessenen Hygiene zu beachten.“ Unter den aufgelisteten Quellen-Links können und sollten Sie sich regelmäßig über den Entwicklungsstand informieren.
Patricia Lösche
Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche.
In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).
Quellen
Robert Koch Institut
WSAVA
Friedrich-Löffler-Institut
European Centre of Disease Prevention and Control
WHO (Der Zugriff auf Veröffentlichungen der Institute erfolgte am 16.3.2020 und am 3.4.2020)