Durchfall bei Hunden und Pferden natürlich behandeln

Durchfall bei Jungtieren muss immer sehr ernst genommen werden (Foto: Lösche)

Anhaltender Durchfall (Diarrhoe) kann vor allem bei sehr jungen Tieren schwere Folgen haben und sogar tödlich sein. Ursache sind meistens bakterielle und virale Infektionen. Sie werden schulmedizinisch mit Antibiotika gegen Bakterien und symptomatisch gegen den Nährstoff- und Flüssigkeitsverlust behandelt. Mit tanninhaltigen Heilpflanzen stehen der Naturheilkunde wirkungsvolle Mittel zur Behandlung von infektiös bedingtem Durchfall zur Verfügung. Eine 2018 veröffentlichte italienische Studie hat das im Zusammenhang mit der Therapie von Kälberdiarrhoe bestätigt.

Tannine in pflanzlichen Heilmitteln

Tannine sind als Wirkstoffe in einigen pflanzlichen Heilmitteln (Phytotherapeutika) enthalten. Sie schmecken bitter, wirken entzündungshemmend und adstringierend (zusammenziehend), was im Maul ein unangenehmes Gefühl von Trockenheit hervorruft. Produziert werden sie von Pflanzen, die sich damit gegen Fressfeinde verteidigen. Sie kommen in unterschiedlicher chemischer Struktur in sehr vielen Pflanzen vor, auch in Lebensmitteln. In Wein zum Beispiel oder in schwarzem und grünem Tee. Zudem wirken Tannine antibakteriell und antiviral, denn auch Pflanzen müssen sich gegen gesundheitsschädliche Bakterien und Viren verteidigen.

Zu den tanninhaltigen Phytotherapeutika gehören Eichenrinde und Kastanien. Human- und Tierheilpraktiker nutzen die heilenden Eigenschaften traditionell unter anderem zur Therapie von Durchfall und Hauterkrankungen. Dass sich damit bakterielle und virusbedingte Durchfallerkrankungen bei Jungtieren wirkungsvoll behandeln lassen, wurde im Rahmen einer 2018 veröffentlichten Studie nachgewiesen. Dazu erhielten 24 an Kälberdurchfall erkrankte Tiere eine schulmedizinische Grundbehandlung. Die Hälfte der Kälber bekam parallel dazu Tannine, gewonnen aus der Rinde von Kastanien der Edel- oder Esskastanie (Castanea sativa) die wir auch als Maroni essen.

Tanninhaltige Früchte der Edelkastanie (Castanea sativa)

Schneller gesund durch Tannine

Dass Kälber untersucht wurden, liegt an der wirtschaftlichen Bedeutung von Rindern, der Häufigkeit von Kälberdurchfall und der Notwendigkeit, den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft einzugrenzen, weil die inflationäre Verwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung mitverantwortlich gemacht wird für die bedrohlich zunehmenden Resistenzbildungen bei Krankheitserregern. Durchfallerkrankungen bei sehr jungen Kälbern führen außerdem zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten durch Wachstumsverzögerungen, erhöhte Sterblichkeit und hohe Therapiekosten. Wirksam sind Tannine aber nicht nur bei Kälbern, sondern auch bei anderen Tierarten und dem Menschen.

Auslöser für den Durchfall der Versuchstiere waren Infektionen mit Kryptosporidien, Rotaviren, Coronaviren und Escherichia Coli, Erreger, die auch beim Menschen und anderen Säugetieren wie Hund und Katze Durchfälle auslösen können. Im Ergebnis waren die „Tannin-Kälber“ knapp vier Tage schneller symptomfrei als die Kontrollgruppe, die keine Zusatzbehandlung erhielt und erst nach gut 10 Tagen wieder gesund war.

Durchfall kann gefährlich werden

Anhaltender Durchfall ist mit erheblichem Flüssigkeits- und Nährstoffverlust verbunden und immer ernst zu nehmen, insbesondere bei sehr jungen oder immungeschwächten Tieren. Die Folgen können dramatisch bis tödlich sein. Der Körper ist auf ausreichend Flüssigkeit angewiesen, und hoher Flüssigkeitsverlust führt zu Fehlfunktionen bis hin zum Organversagen, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Dass die Tiere vier Tage früher gesund wurden, hört sich zunächst banal an, tatsächlich kann es jedoch Leben retten und eine langfristige Behandlung vermeiden helfen.

Für die moderne Medizin werden die Tannine von Eiche und Kastanie immer interessanter, weil sie sogar gegen MRSA (multiresistente Keime) wirksam sein können. MRSA steht eigentlich für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, wird heute aber synonym für Staphylococcen-Stämme verwendet, die gegen mehrere Antibiotika, also multiresistent und nur noch schwer zu bekämpfen sind. Ein Albtraum für Ärzte wie Patienten, auch in der Tiermedizin. Sogar gegen einige Viren können Tannine therapeutisch wirksam sein (virustatische Eigenschaften von Eichen-Tanninen bei Herpes, Influenza-Virus A2/ Reichling 2007).

Habitus einer heimischen Stieleiche (Lieblingsgouda [CC BY-SA 3.0 nl] von Wikimedia Commons)

Heimische Eichen – toxisch nur in großen Mengen

Immer wieder ist zu lesen, dass die in Eicheln, aber auch Eichenlaub und Eichenrinde enthaltenen Gerbstoffe Pferde und andere Pflanzenfresser krank machen können. Das stimmt nur bedingt und nicht für alle Eichen-Arten. Während für manche ursprünglich außereuropäische Arten (Roteiche/Quercus rubra z.B.) eine relativ hohe Toxizität nachgewiesen wurde, gilt das für unsere heimischen Eichen (Stieleiche/Quercus robur und Traubeneiche/Quercus petrea) nur bei Aufnahme sehr großer Mengen und als Alleinfutter, wobei grüne Eicheln wegen des höheren Gerbstoffanteils unverträglicher sind als reife Eicheln. Aber in großen Mengen macht vieles, was gefüttert wird, krank, auch Äpfel oder junges Weidegras.

Solange genügend Futteralternativen vorhanden sind, wird sich ein Pferd an Eicheln, Eichenblättern und -rinde heimischer Arten kaum krank fressen, denn nicht ohne Grund dienen Gerbstoffe den Pflanzen als Abwehrmittel gegen Pflanzenfresser. Die Pferde der Autorin stehen seit Jahren auf Weiden, die von alten Eichen umsäumt sind und können sich an den Eicheln bedienen, was sie in Maßen und ohne negative Auswirkungen tun. Sie kennen weder Hufrehe, noch Kotwasser oder Durchfall und sind trotz fortgeschrittenem Alter kerngesund. Wobei individuelle Unterschiede in der Verträglichkeit immer möglich und zu beachten sind.

Gerbstoffe gegen Kotwasser bei Pferden

Gut getrocknet (z.B. im Backofen) sind reife (schimmelfreie!) Eicheln sogar ein gesundes und nahrhaftes Ergänzungsfuttermittel, das bei Magenproblemen und Kotwasser zugefüttert werden kann, vor allem beim Anweiden im Frühjahr oder bei Umstellung auf siliertes Futter. Hufrehe wird dadurch nicht verursacht, wie fälschlicherweise oft behauptet wird, sondern Gerbstoffe wirken ihr mit ihrer entzündungshemmenden und adstringierenden Eigenschaft vielmehr entgegen.

Früher war das Verfüttern von Eicheln und Kastanien als Winterfutter für Nutztiere sogar gang und gäbe und Schweine wurden zur Eichelmast in den Wald getrieben. Ihres hohen Nährwertes wegen sollten Eicheln für übergewichtige Pferde aber nicht frei zugänglich sein. Für Esel sind sie deswegen nur zu therapeutischen Zwecken, nicht aber als Futtermittel geeignet. Sie sollten von Eicheln ferngehalten werden, weil Übergewicht bei ihnen schnell schwerwiegende Stoffwechselprobleme nach sich zieht.

Eichenrinde, ebenfalls Tannin-haltig, ist zur Anwendung bei Lebensmittel-liefernden Tieren in der EU zugelassen für die innere Anwendung mit Wirkrichtung unspezifische akute Durchfallerkrankungen und Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt. Von einer unsachgemäßen Behandlung durch Laien ist aber unbedingt abzusehen, weil je nach Tierart unterschiedliche Dosierungen notwendig werden, eine Überdosierung aber unbedingt vermieden werden sollte.

Dozenten und Autoren ATM - Autorin Patricia Lösche

Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche.

In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

Quellen

Reichling et al.: Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis (Springer 2007)
Francesca Bonellir et al.: Oral administration of chestnut tannins to reduce the duration of neonatal calf diarrhea (BMC Veterinary Research 14(1) · December 2018) DOI: 10.1186/s12917-018-1549-2

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