Kastration und Sterilisation bei Katzen: Operative Geburtenkontrolle

Kastration und Sterilisation bei Katzen: Intakter Kater – Patricia Lösche

Kastration und Sterilisation von Katzen. Ja, warum eigentlich? Sind Katzenkinder nicht einfach hinreißend? Puschelig, tapsig. Kugeln umher mit einem herzerwärmenden „Das-Leben-ist-wundervoll“-Blick. Und schwupps, haben sie einen auch schon am emotionalen Angelhaken. Aber aus Welpen werden erwachsene Katzen, die oft keiner mehr will. Unsere Tierheime tragen die Folgen kätzischen Kindersegens.

Kastration verhindert Katzenleid

Knapp geschätzt wohnen in Deutschland etwa zwölf Millionen Hauskatzen, viele ganz oder teilweise verwildert. Mit einem statistischen Fifty-Fifty der Geschlechter. Kater werden mit fünf bis sechs Monaten geschlechtsreif, weibliche Katzen erleben um den fünften Lebensmonat herum ihre erste Rolligkeit und sind ab jetzt bereit für Nachwuchs. Herbstkätzchen beginnen zuweilen noch früher. Das damit verbundene, vor allem nächtliche Geschrei dauert etwa zwei Wochen und wiederholt sich von nun an in dreiwöchigem Rhythmus, sofern keine Trächtigkeit erfolgt. Aufgrund einer Besonderheit der Katze kann sich daraus ein Dauerzustand entwickeln, die Dauerrolligkeit. Sie ist nicht nur anstrengend für Molly und ihre Menschen, sie birgt auch Gesundheitsrisiken.

Millionen ungewollte Welpen

Eine Katze wirft normalerweise zwischen zwei und sechs Jungen pro Wurf, selten mehr. Rechnet man im Schnitt nur zwei überlebende Welpen pro Wurf, dann sind das 12 Millionen Maikätzchen. Und da Katzen gerne zweimal jährlich werfen, kommen in guten Jahren jeden Herbst noch ein paar Millionen hinzu. Lässt man sie, wie sie sind, zeugt ein einziges Katzenpaar in nur drei Jahren etwa 300 bis 400 Nachkommen. Deren Nachkommen sorgen dann für eine Bevölkerungsexplosion unter Katzen. Angesichts solcher Zahlen versinkt der Welpencharme in schierer Masse.

Kastration und Sterilisation von Katzen: Katzenwelpen – nicht immer gewollt – Foto:DollarPhotoClub/Schubbel

Geburtenkontrolle bei Katzen – Tierschutz konform

Den Kater also kastrieren, Mieze dagegen sterilisieren? Katzenhaltern ist der Unterschied oft nicht klar. Beide, Kastration wie Sterilisation, sind verschiedene Methoden der Geburtenkontrolle. Und beide werden vom Tierarzt chirurgisch unter Vollnarkose sowohl bei Katern, als auch bei Kätzinnen vorgenommen. Nach §6, Absatz 1 des Tierschutzgesetzes ist das ganze oder teilweise entfernen von Körperteilen an gesunden Tieren zwar nicht ohne Weiteres erlaubt, sondern an eine Indikation gebunden. Gemäß §6, Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes zählt dazu auch die Vermeidung einer unkontrollierten Vermehrung. Die Maßnahme ist also nicht nur sinnvoll, sondern auch rechtens.

Sterilisation von Katzen

Bei der Sterilisation werden die Samenleiter (bei Katern) und die Eileiter (bei der Katze) verschlossen (Ligatur), durchtrennt (Resektion) oder entfernt (Ektomie). Spermien und Eizellen können danach nicht mehr transportiert werden, sodass eine Befruchtung nicht stattfinden kann. Die Keimdrüsen (Gonaden), das sind Katers Hoden bzw. Minkas Eierstöcke und Gebärmutter, bleiben bei der Sterilisation als aktive Körperorgane erhalten. Auf die Hormonproduktion hat die Sterilisation daher keinen Einfluss.

Eine Sterilisation verhindert zwar erfolgreich die Fortpflanzung, das ist aber auch schon alles. Unverändert bleibt das damit zusammenhängende, selbst bei Katzenfreunden nicht unbedingt beliebte Verhalten. Kater ranzen, kopulieren und bolzen sich weiterhin, behalten ihr Revierverhalten und markieren ihr meist recht ausgedehntes Einzugsgebiet ungetrübt nach alter Katersitte. Die Mädchen werden noch immer rollig und paaren sich, als wäre nichts geschehen. Weder Kater noch Katze „wissen“ nach der Sterilisation von der Sinnlosigkeit ihres Tuns, denn ihre Hormone sprechen eine andere Sprache.

Kastration und Sterilisation bei Katzen: Kastrierter zehnjähriger Kater – Foto: Patricia Lösche

Sterilisation verhindert keine Erkrankungen

Das im Kuschelmodus durch Körperkontakt oder bei Katerzwistigkeiten durch Verletzung erhöhte Risiko einer Infektion mit ansteckenden schweren Erkrankungen wie FIV (Feline immunodeficiency virus/Katzenaids) und FeLV (Felines Leukämievirus) bleibt bestehen. Und natürlich können sterilisierte Tiere auch weiter Krankheiten bekommen, die an das Vorhandensein von Geschlechtshormonen geknüpft sind, oder die Geschlechtsorgane betreffen. Bei der Katze sind das vor allem Eierstockzysten (Ovarialzysten), Säugeleisten-Tumore (Mammatumore) und Gebärmutter-Entzündungen (Pyometra). Auch Dauerrolligkeit und Scheinträchtigkeit (Pseudogravidität/Lactatio falsa) treten unverändert auf, mit entsprechenden Gesundheitsrisiken. Kater können unverändert an Prostatavergrößerung (Prostatahyperplasie) und –tumoren erkranken.

Merken:

Bei der Sterilisation werden

  • Samen- und Eileiter durchtrennt oder entfernt
  • Hoden, Eierstöcke und Gebärmutter nicht entfernt
  • Geschlechtshormone weiter produziert
  • Geschlechtsspezifische Verhaltensweisen nicht verändert
  • Krankheiten der Geschlechtsorgane nicht verhindert
  • Krankheiten beim Deckakt weitergegeben.
Kastration und Sterilisation bei Katzen: Häufig und wieder trächtige ältere Hofkatze – Foto:Patricia Lösche

Kastration von Katzen

Bei der Kastration werden die Hoden des Katers (Orchiektomie), bei der Katze die Eierstöcke (Ovariektomie), oft auch die Gebärmutter (Hysterektomie) entfernt. Beim Kater ist das unspektakulär, bei der Kätzin ist dazu wieder die chirurgische Eröffnung des Bauchraums erforderlich (invasiver Eingriff), die Operation selbst ist aber umfangreicher als die Sterilisation. Postoperativ, also im Anschluss an die Operation, ist im Normalfall beim Kater für ein bis zwei Tage mit geringgradigen Schmerzen zu rechnen, bei der Kätzin mit mittelgradigen Schmerzen bis zu drei Tagen. Also doch nur sterilisieren? Auch das verhindert schließlich ungewollte Trächtigkeit.

Die Kastration hat erheblich stärkere Konsequenzen, denn die von Hoden, Eierstöcken und Gebärmutter normalerweise produzierten Geschlechtshormone stehen dem Körper nun nicht mehr zur Verfügung. Vor allem das Verhalten des Katers verändert sich jetzt meist drastisch. Er deckt nicht mehr, wird friedlicher, meist auch fauler, die Reviere werden kleiner und auch nicht mehr so vehement markiert. Katerkämpfe und die damit verbundene Verletzungs- und Infektionsgefahr nehmen ab.

Kastration von Katzen bringt mehr Vorteile

Die Katze wird nicht mehr rollig, folglich kommt es zu keiner Dauerrolligkeit und Scheinträchtigkeit mehr. Wie der Kater wird sie ruhiger und häuslicher. Mag der eine oder andere Katzenfan die Veränderungen vielleicht bedauern: Für Katze und Kater bringt eine Kastration gegenüber einer Sterilisation erhebliche Vorteile. Ansteckungs- und Verletzungsgefahr sinken, die Häuslichkeit nimmt zu. Das Risiko für geschlechtsspezifische Erkrankungen ist erheblich geringer.

Tipp

Die häufig zu beobachtende Gewichtszunahme liegt nicht an der Kastration selbst. Sie ist eine Folge der geringeren Bewegungslust. Kastrierte Tiere brauchen weniger Energie und darum weniger Futter. Bei gleicher Fütterung werden sie deshalb tatsächlich oft dicker. Entweder die Futtermenge reduzieren oder auf energiereduziertes Futter für kastrierte Katzen umstellen.

Kastration und Sterilisation von Katzen: 13-jährige kastrierte Kätzin – Foto: Patricia Lösche

Kastrierte Katzen leben länger

In Ermangelung von Feldforschungsprojekten haben Wissenschaftler Computer-Simulationen entwickelt, die die Auswirkungen von Sterilisation und Kastration auf die Populationen verwilderter Hauskatzen simulieren. Das Ergebnis: Wurde nur sterilisiert, nahm die Zahl der Katzen erheblich schneller ab. Das erstaunte zunächst. Doch der Grund war einfach. Beides, also sowohl die Kastration, als auch die Sterilisation, sind sichere Methoden der Fortpflanzungskontrolle. Der Nachwuchs bleibt also aus. Allerdings wurden kastrierte Tiere dafür mit einer höheren Lebenserwartung entschädigt, sterilisierte Katzen hatten diesen Vorteil dagegen nicht, weil ihr Verhalten unverändert blieb. Nach zwei Jahren waren in der Simulation von den kastrierten Tieren noch 73 Prozent am Leben, von den sterilisierten nur noch 53 Prozent (Quelle: Der praktische Tierarzt 6/2015).

Merken:

Kastration bedeutet

  • Chirurgische Entfernung der Hoden beim Kater
  • Chirurgische Entfernung von Eierstöcken und evtl. auch Gebärmutter bei der Kätzin
  • Die dort produzierten Geschlechtshormone entfallen
  • Geschlechtsspezifisches Verhalten nimmt meist stark ab
  • Das Risiko für geschlechtsspezifische Erkrankungen ist minimiert
  • Die Verbreitung von Infektionskrankheiten ist reduziert
  • Kastrierte Kater und Katzen leben meistens länger
Kastration und Sterilisation bei Katzen: Katerkämpfe verkürzen die Lebenserwartung – Foto: Patricia Lösche

Zeitpunkt für die Kastration: Wann ist es richtig

Wann kastriert werden sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Während die einen sagen, sie sollte mit der Geschlechtsreife erfolgen, plädieren andere für einen möglichst frühen Eingriff im dritten bis vierten Lebensmonat. Das aber verhindert die entwicklungsbedingte Ausprägung von Geschlechtsmerkmalen. Die Katzen bleiben etwas infantiler.

Auf jeden Fall ist der Zeitpunkt gekommen, wenn Verhaltensveränderungen der Jungkatze um den fünften Monat herum (bei Rassekatzen etwas später, bei Herbstwelpen manchmal noch früher) auf die einsetzende Geschlechtsreife hindeuten. Die Mädchen zeigen das durch präsentieren des Hinterteils, ständiges, sehr typisches Maunzen und Herumrollen an. Bei der ersten Rolligkeit kann dies jedoch auch sehr diskret erfolgen. Direkt zu Beginn oder eine Woche danach ist der Zeitpunkt ideal.

Kastration tragender und säugender Katzen

Kastriert werden kann eine Katze aber grundsätzlich in jedem Alter. Ist die Molly bereits tragend, ist der Zeitpunkt der Kastration auch eine Frage der Ethik. Vielfach wird noch bis zur vierten Trächtigkeitswoche kastriert. Oft wird das aber auch abgelehnt. Hat die Katze Welpen, sollte die Operation etwa acht bis zehn Wochen nach der Geburt erfolgen.

Komplikationen gibt es nach dem Eingriff nur selten. Die Wunde wird bei Katern nicht einmal genäht, bei Kätzinnen werden die Fäden nach zehn bis 14 Tagen gezogen oder sind selbstauflösend. Manchmal ist es es sinnvoll, ein Bearbeiten der Wunde durch einen Kragen zu verhindern, bis die Fäden gezogen sind. Alternativ kann auch ein Puppen- oder sehr kleiner Baby-Body umfunktioniert werden. Bei Wundheilungsstörungen kann der Heilungsprozess mit Homöopathika und durch Laseranwendung unterstützt werden. Salben sind nicht empfehlenswert, sie werden abgeleckt.

Kastration und Sterilisation von Katzen: Kastrierter 8jähriger Hofkater – Foto: Patricia Lösche

Kastration oder Sterilisation von Katzen: Fazit

Eine Kastration ist einer Sterilisation vorzuziehen. Für die Kätzin sind beide Eingriffe invasiv, für den Kater nur die Sterilisation. Durch die Veränderung von Verhalten, hormonellem Status und die Entfernung der Fortpflanzungsorgane sinkt die Wahrscheinlichkeit von Infektionen und einigen hormonell bedingten und geschlechtsspezifischen Erkrankungen. Damit steigt die Lebenserwartung. Die Sterilisation hat – außer dem Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit – keinen weiteren Vorteil.

Merken

  • Kastration und Sterilisation werden bei Kater und Kätzin vorgenommen
  • Beide Methoden verhindern die Fortpflanzung
  • Sterilisation hat keinen weiteren Vorteil und ändert das Verhalten nicht
  • Kastration verändert den Hormonstatus und damit das Verhalten
  • Kastration reduziert die Ansteckungs- und Erkrankungsmöglichkeiten
  • Kastration erhöht die statistische Lebenserwartung und ist der Sterilisation vorzuziehen
Dozenten und Autoren ATM - Autorin Patricia Lösche

Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche.

In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

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