Hund im Auto: Lebensgefahr bei Hitze

Hund im Auto: Unsere Haushunde sind nur eingeschränkt hitzetauglich – Patricia Lösche

Todesfalle Auto. Viele Hundebesitzer können sich einfach nicht vorstellen, was passiert, wenn die Temperatur im Innenraum des Autos den Hundeorganismus an seine Grenzen geraten lässt. Wir wagen ein gedankliches Rollenspiel, das uns in die Lage des Hundes versetzt. Und wir sagen Ihnen, warum und ab wann es für den Hund lebensbedrohlich wird. So viel sei schon hier verraten: Viel Zeit bleibt ihm nicht. In einem solchen Notfall ist schnelles Eingreifen wichtig. Lesen Sie weiter, wie rechtssichere Hilfe aussieht.

Hund und Mensch haben eine unterschiedlich hitzetaugliche Thermoregulation. Das ist die Fähigkeit warmblütiger Lebewesen, ihre Körpertemperatur konstant auf Normalniveau zu halten, unabhängig von der Umgebungstemperatur. Beim Menschen ist dieses System besser an den Sommer angepasst als bei Hunden. Darum ist unser Wärmeempfinden im Zusammenhang mit dem Hund kein Maßstab.

Tödliches Fieber

Wie funktioniert es bei uns? Wenn wir schwitzen, bildet sich ein Feuchtigkeitsfilm auf der Haut. Unzählige, über unseren ganzen Körper verteilte Drüsen produzieren Schweiß. Verdunstet er, entsteht kühlende Verdunstungskälte, die uns hilft, die Körpertemperatur im Normalbereich zu halten. Selbst bei hohen Außentemperaturen gelingt uns das über längere Zeit.

Darauf sind die inneren Organe angewiesen, sie können sonst nicht richtig arbeiten. Das gilt auch für das Gehirn. Ab 42 Grad Körpertemperatur gerinnen die körpereigenen Eiweiße wie das Eiklar im Frühstücksei. Wenn wir das Fieber nicht senken können, führt das zum Tod. Darum schweben wir in Lebensgefahr, wenn beispielsweise krankheitsbedingtes Fieber über 42 Grad ansteigt.

Und beim Hund? Auch bei ihm verläuft die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits oberhalb von 42 Grad. Setzen wir uns gemeinsam ins Kopfkino, schlüpfen Sie mit uns in die Rolle unserer Hunde, eingehüllt in einen schönen Sommerpelzmantel, der uns zwar vor schlechtem Wetter schützt. Aber jetzt, in der Hitze, zur Zwangsjacke wird, die wir nicht ablegen können. Nur ein paar Schweißdrüsen an Händen und Füßen haben wir als Hund, wenig leistungsfähig und mehr dazu gedacht, beim Laufen unsere persönlichen Duftspuren zu hinterlassen. Zur Kühlung können wir nur die Atemfrequenz erhöhen, unsere Zunge weit heraus hängen lassen und durch den Mund atmen.

Panischer Hund in der Hitzefalle Auto

Bei sommerlichen Temperaturen, auf die wir noch zu sprechen kommen, setzen wir uns so in ein in der prallen Sonne stehendes Auto und schließen die Türen. Wir müssen nicht lange warten. Innerhalb von nur 10-15 Minuten schmoren wir bereits im eigenen Saft. Da helfen auch die einen Spalt breit geöffneten Fenster nicht.

Ab 40 Grad Körpertemperatur kommt es beim Hund zu Kreislaufbeschwerden. Steigt sie auf über 42 Grad besteht akute Lebensgefahr.

Während die Sonne unser Gefängnis aufheizt, kommt unser hündisches Kühlsystem an seine Grenzen. Angst kriecht in uns hoch, unser ganzer Körper funkt inzwischen Alarm: Lebensgefahr, nichts wie weg, weg, weg – aber wir sitzen in der Falle und können der Hitze nicht entrinnen. Unsere Angst steigert sich schnell zur Panik. Verzweifelt suchen wir einen Weg nach draußen, kratzen wie rasend an der Tür, am Fensterrahmen in der Hoffnung, doch noch dem Hitzetod zu entkommen. Wir jaulen nach Hilfe. Unerbittlich steigt unsere Körpertemperatur weiter, beschleunigt noch durch unsere Aufregung.

Die menschliche Normaltemperatur liegt zwischen 36 und 37 Grad, der Hund startet Hund bereits mit 38 bis 39 Grad Normaltemperatur in den Hitze-Amoklauf. Sobald die körpereigene Kühlung versagt, klettert sie zügig auf vierzig, einundvierzig Grad. Jetzt spielt der Kreislauf verrückt. Die inneren Organe kommen an ihre Leistungsgrenze, unser Bewusstsein trübt sich, das Herz rast, die Atmung ist maximal beschleunigt, bis zu hundert Atemzüge mehr als sonst, in dem verzweifelten Versuch, mehr Sauerstoff in die berstenden, brennenden Lungen zu pumpen. Vergeblich.

Hitzschlag beim Hund: Auf längeren Fahrten kühlt ein Bad im See (Foto: Patricia Lösche)

Über 42 Grad Körpertemperatur droht der Kollaps

Für Gegenwehr fehlt uns inzwischen längst die Kraft. Die Hitze-Erschöpfung hat uns zusammenbrechen lassen. Vor die Welt zieht sich ein Schleier, das Bewusstsein trübt sich. Dann fallen wir ins Koma. Unsere Innentemperatur beträgt jetzt über 42 Grad. Unser verrückt spielender Kreislauf beginnt zu kollabieren. Noch wäre es möglich, das Ruder herum zu reißen. Einen vorletzten Moment lang. Auch wenn fraglich ist, ob wir es dann überleben. Noch Tage nach dem Supergau können wir an den Folgen sterben. Oder aber lebenslange Hirn- und Organschäden davontragen.

Aber niemand öffnet die Tür zum Backofen. Die Chance, das Inferno zu überleben, sinkt jetzt mit jeder Sekunde dramatisch. Der Sauerstoff im Blut ist schon lange knapp geworden. Feuchtigkeitsmangel hat das Gehirn anschwellen lassen. Aber das sieht keiner. Auch unsere inneren Blutungen nicht. Die Nieren versagen ihren Dienst und der Körper beginnt, sich selbst zu vergiften. Dann hört das Herz auf zu schlagen. Für einen winzigen allerletzten Moment noch könnten wir mit etwas Glück reanimiert werden, dann geht das Licht aus und jede Hilfe kommt zu spät. Es ist ein qualvolles Ende. Eine enge Transportkiste, hohe Luftfeuchtigkeit oder Übergewicht machen es noch schlimmer.

Fünfzehn qualvolle Minuten bis zum Tod

All das beginnt bei 20 Grad Außentemperatur nach etwa eine Viertelstunde. Das ist nur wenig länger, als man für das Lesen des Textes benötigt. Für einen normalen Einkauf im Supermarkt reicht das in der Regel nicht. Bei sommerlichen Temperaturen. Aber was ist das? 42 Grad im Schatten? 20 Grad in der Sonne? Das hängt ein klein wenig davon ab, ob Bello ein Neufundländer oder ein Pharaonenhund ist, sehr jung oder sehr alt, kerngesund oder schon vorgeschädigt, das Auto schwarz oder weiß. Aber der Unterschied kann getrost vernachlässigt werden.

Bei 20 Grad Außentemperatur wird es also für Hunde nach 15 Minuten in der Sonne kritisch. Da empfinden wir die Temperaturen noch als wunderbar laues Lüftchen. Bis maximal 30 Grad Raumtemperatur schafft das Hundesystem die Regulation der Körpertemperatur gerade noch. Gute Gesundheit vorausgesetzt. Das ist bei 30 Grad Außentemperatur in einem von der Sonne beschienenen Auto schon nach etwa einer Minute erreicht.

Vielleicht ist jetzt klar, warum ein Hund bei wärmeren Temperaturen niemals in ein geschlossenes Auto gehört. Auch nicht in eines, in dem die Fenster einen Spalt breit geöffnet sind.

Innentemperatur im Auto nach Zeit (in Grad Celsius).
Gelb: noch verträglich orange: gefährdend rot: lebensbedrohlich
Quelle: Dr. Andrew Grundstein, Universität Georgia, Athens. 

Wenn der Hund unbedingt mitfahren muss

Es gibt Momente, da muss uns unser Hund notgedrungen auch bei Sommersonnenschein begleiten. Dann sind entsprechend Maßnahmen zu ergreifen, um einen Hitzschlag beim Hund auszuschließen.

Für die Fenster gibt es Gitter, die es erlauben, sie gefahrlos völlig geöffnet zu lassen. Wichtig: Alle Fenster, nicht etwa nur eines oder zwei. Front- und Heckscheibe lassen sich mit Alumatten abdecken. Mehrere Kühlakkus unter einer Decke schaffen wenigstens für kurze Zeit ein kühlendes Plätzchen.

Transportboxen und Heckklappen sind zu öffnen. Auch für Heckklappen gibt es Gitter. Das Auto ist im Schatten zu parken. Notfalls muss Bello so am Auto angeleint werden, dass er draußen liegen kann. Allerdings kann ein Hund bei entsprechenden Außentemperaturen auch beim Anbinden in der Sonne einen Hitzschlag erleiden. Er muss sich also in den Autoschatten zurückziehen können. Oder beim Warten vor dem Laden in den Hausschatten. Am besten bei vollem Wassernapf.

Dabei ist auch zu bedenken, dass die Sonne wandert. Erstaunlich schnell ist der Schattenplatz ein Platz in der prallen Sonne. In kurzen Abständen muss nach dem Hund geschaut werden. Die Innentemperatur des Wagens kann mit einem hineingelegten Außenthermometer kontrolliert werden. Werden die kritischen Temperaturen erreicht (siehe Tabelle oben) ist der Hund sofort aus dem Auto zu holen. Denken Sie dran: Auch Bella und Bello möchten den Sommer gerne überleben.

Wie erkenne ich einen drohenden Hitzschlag?

  • Zunehmende Unruhe
  • Weit heraushängende Zunge
  • Starkes Hecheln
  • Vorgestreckter Hals
  • Drängendes Suchen nach einem kühlen Ort

Hier kann der Hitzschlag noch abgewendet werden, indem der Hund schnellstmöglich an einen kühlen Platz gebracht, mit feuchten Tüchern abgedeckt und mit Wasser versorgt wird. Ansonsten kommt es jetzt zu:

  • forcierter, abflachender Atmung
  • dunkelroter Maulschleimhaut
  • vermehrtem Speichelfluss
  • Lethargie
  • schwankendem Gangbild
  • Herzrasen
  • steigender Temperatur
  • Erbrechen
  • Durchfall

Dieser Zustand ist bereits lebensbedrohlich. Wird hier nicht sofort eingegriffen, kollabiert der Hund und zeigt:

  • blasse, trockene, sich blau färbende Maulschleimhaut
  • trockene Zunge
  • Zittern
  • Bewusstseinstrübung bis hin zum Koma
  • Krämpfe
  • Austrocknung und Entwicklung eines Hirnödems
  • Es herrscht hochakute Lebensgefahr.

Erste Hilfe

Der Hund ist in den Schatten zu bringen. Er kann dort unterstützend abgefächelt werden. Zum Beispiel mit leichten, luftdurchlässigen feuchten Tüchern, so dass es darunter nicht zum Hitzestau kommen kann. Schwerere feuchte Tücher (z.B. Handtücher, Decken) nicht auf, sondern unter den Hund legen, weil sich darunter sonst die Hitze gefährlich aufstauen kann.

Einen bereits kreislauflabilen Hund auf keinen Fall kalt abduschen, das belastet den instabilen Kreislauf zusätzlich. Ist der Hund lediglich überhitzt, sonst aber noch klar und lauffähig, kann auch ein sanfter Wasserstrahl aus dem Schlauch zur Abkühlung genutzt werden. Immer an den Beinen mit dem Duschen beginnen und nur sehr allmählich hochwandern. Ihm kann temperiertes, aber kein eiskaltes Wasser zum Trinken angeboten werden. Kollabierenden oder kollabierten Hunden nicht, weil der Schluckreflex gestört ist. Aber das Maul kann feucht ausgewischt werden. Erbricht sich der Hund, ist die Maulhöhle von Resten zu befreien. Sonst können sie inhaliert werden und es kommt zur Lungenentzündung. Wichtig: Der Hund muss nach Überhitzung und Hitzschlag umgehend dem Tierarzt zur Kontrolle vorgestellt werden. Auf dem Weg dorthin ist weiterhin auf Kühlung zu achten.

Noch ein Wort zur Verantwortung: Menschen machen Fehler. Vor allem bei moderaten Temperaturen um die 20 Grad unterschätzen viele die drohende Gefahr. Sollte Ihnen das einmal passieren, zeigen Sie bitte nicht auch noch Helfer, die Ihren in Lebensgefahr geratenen Hund befreit haben, wegen Sachbeschädigung an. Danken Sie Ihnen und stehen Sie fairer Weise für Ihren Fehler selbst ein.

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Dozenten und Autoren ATM - Autorin Patricia Lösche

Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche.

In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

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